Mit Arnd Peiffer und Simon Schempp sind zwei der erfolgreichsten deutschen Biathleten der letzten Dekade zurückgetreten. Die Suche nach Nachfolgern ist eine große Herausforderung.
Bernd Eisenbichler kennt sich bestens aus in der internationalen Biathlonszene. Von 1999 an war der gebürtige Oberbayer zwei Dekaden lang für die US-Skijäger zuständig. "Kleinere Nationen haben definitiv Schritte nach vorne gemacht", lautet dabei eine zentrale Erkenntnis des 46-Jährigen, der im Gespräch mit ZDFheute betont: "Da können wir nicht stehenbleiben - sonst kommen sie uns irgendwann entgegen."
Bei der WM in Pokljuka unter ferner liefen
Wir - das ist für Eisenbichler inzwischen das Biathlon-Team des DSV, über das er seit April 2019 als Sportlicher Leiter wacht. Der Job ist herausfordernd, bei der WM im Februar landete der einst erfolgsverwöhnte Verband mit nur zwei Medaillen unter ferner liefen.
Das war die Biathlon-WM in Pokljuka aus deutscher Sicht: Nur Arnd Peiffer und Franziska Preuß sorgten für Glanzlichter.
Zudem trat mit Arnd Peiffer, der mit Silber im Klassiker über 20 Kilometer in Slowenien die einzige deutsche Einzelmedaille ergatterte, im Frühjahr der zuverlässigste Akteur der vergangenen Jahre zurück - so dass dessen einstiger Zimmerpartner Erik Lesser seufzt:
Im Gegensatz zu Peiffer ist der 33 Jahre alte Lesser auch in dieser Saison, die am Samstag in Östersund mit den Einzeln der Frauen (11.45 Uhr, ZDF-Livestream) und Männer (15 Uhr, ZDF-Livestream) beginnt, wieder mit von der Partie. Das Zimmer teilt sich der Thüringer nun mit dem zwei Jahre jüngeren Schwarzwälder Benedikt Doll, im vergangenen Winter als 14. im Gesamtweltcup zweitbester DSV-Starter hinter Peiffer.
Franziska Preuß allein auf weiter Flur
Auch bei den Frauen ist absehbar, dass mit Denise Herrmann (32 Jahre) eine der zuverlässigsten Edelmetalllieferantinnen der jüngeren Vergangenheit spätestens nach der WM 2023 in Oberhof aufhören wird. Als potenzielle Medaillenkandidatin bleibt mittelfristig allein die 27 Jahre alte Franziska Preuß.
"Es ist nicht so, dass es bei uns nach Olympia oder der Heim-WM 2023 dunkel wird. Aber wir müssen wirklich hart arbeiten", weiß Biathlon-Chef Eisenbichler, der von einem "schleichenden Umbruch" spricht und sagt: "Wir müssen einfach schauen, dass wir diese Phase gut durchbringen."
Intensive Arbeit im Nachwuchsbereich
Um sich gegen die immer stärker werdende internationale Konkurrenz zu wappnen, verpflichtete der Verband im August 2019 Zbigniew Szlufcik als Nachwuchs-Cheftrainer. Zudem wurde 2020 mit Engelbert Sklorz ein eigener Schießcoach engagiert, auf dessen Expertise das Weltcupteam zurückgreifen kann - der sich aber vor allem intensiv um den Nachwuchs kümmert.
"Klar ist", meint Eisenbichler, "dass wir unsere Athleten in unserem Kadersystem stärker entwickeln müssen." Dem C- und D-Kader stehen deshalb neuerdings zwei zusätzliche Trainer zur Verfügung.
Mehr Geld für den Perspektivkader
Es wurde mehr Geld in den Perspektivkader investiert, mehr Trainingslager wurden organisiert, mehr Präsenzphasen an den Stützpunkten eingeführt. "Von den Jüngeren haben diejenigen, die im letzten Jahr die Möglichkeit im Weltcup bekamen, dem Druck nicht ganz standgehalten", moniert Erik Lesser.
Als Gesicht für die Zukunft ist beim Weltcupauftakt in Mittelschweden Justus Strelow (24 Jahre) dabei. Bei den Frauen mischen Juliane Frühwirt (23) und Vanessa Voigt (24) mit.
Vorbild aus Norwegen
Dabei hält es Bernd Eisenbichler sogar "absolut" für möglich, dass der DSV in absehbarer Zeit einen Überflieger wie Sturla Holm Lägreid präsentieren kann. Der junge Norweger rauschte im Vorjahr in seiner ersten kompletten Weltcupsaison zu vier WM-Titeln und Rang zwei in der Gesamtwertung.
"Wir haben das Potenzial in den jungen Jahrgängen", sagt Eisenbichler dazu. "Aber wir haben jetzt auch die Aufgabe, die Dinge so gut zu machen, dass im Idealfall bei uns eben auch ein Lägreid herauskommt."