Bei der Biathlon-WM wollen die deutschen Skijäger den historisch schlechten WM-Lauf für den DSV stoppen. Doch auch die Zukunft stellt den Verband vor große Herausforderungen.
Arnd Peiffer besitzt die Gabe, auch unangenehme Situationen recht charmant zu beschreiben. Und seine verbale Treffsicherheit bewies der 33-Jährige einmal mehr, als er nach dem bislang medaillenlosen Abschneiden der deutschen Biathleten bei der Weltmeisterschaft vor dem Männer-Einzel am Mittwoch (14:30 Uhr/ live im ZDF) ankündigte:
Deutsche Medaillenschatulle noch leer
Der DSV hat sich im Biathlon in den zurückliegenden Jahrzehnten schließlich den Ruf einer Top-Nation erarbeitet, die immer wieder erstklassige Athleten hervorbringt. Dass die deutsche Medaillenschatulle bei den Titelkämpfen in Slowenien nach dem Einzel der Frauen am Dienstag weiterhin leer blieb, passt so gar nicht zu diesem Selbstverständnis. Ebenso wenig wie das Bekenntnis von Benedikt Doll: "Es ist für die Psyche nicht einfach."
Kompliziert ist die Lage auch beim Blick in die Zukunft. Denise Herrmann, Verfolgungsweltmeisterin von 2019, will zwar auf jeden Fall bis zu den Olympischen Spielen im nächsten Jahr weitermachen. Auch die Heim-WM 2023 in Oberhof ist für sie noch eine Option. Das macht die 32-Jährige, die nach ihrer Sportlerinnenkarriere gerne Kinder haben möchte, allerdings nicht zuletzt von ihrer körperlichen Verfassung abhängig.
Bei den Frauen soll "noch richtig was gehen"
Im besten Biathletinnenalter ist von den Spitzenkräften des DSV momentan vor allem Franziska Preuß, als Siebte im WM-Einzel erneut erfolgreichste deutsche Starterin. Neben der 26-Jährigen gewährleistet nach Ansicht von Herrmann zudem Vanessa Hinz, dass "da in Zukunft auf jeden Fall noch richtig was geht".
Zu Beginn der zweiten WM-Woche in Pokljuka wird Franziska Preuß im Einzel als Siebte beste DSV-Skijägerin. Gold holt überraschend Marketa Davidova (Tschechien).
Absehbar ist aber auch, dass bei den Männern nach dem jüngsten Rücktritt von Simon Schempp in den nächsten ein, zwei Jahren mit Peiffer und dem 32-jährigen Erik Lesser wohl zwei weitere Erfolgsgaranten der zurückliegenden Dekade von der Biathlonbühne abtreten. Bliebe als Letzter im Bunde der großen Vier der 30-jährige Doll, der gegenüber ZDFSport im Hinblick auf die Titelkämpfe in Oberhof in zwei Jahren betont: "Eine Heim-WM erleben zu dürfen, wäre schon was Tolles. Darauf freue ich mich fast noch mehr als auf Olympia in Peking."
Die Konkurrenz ist schneller
Doch was danach kommt, ist offen. Nachrückende Athleten wie Johannes Kühn oder Romas Rees sind in ihren Leistungen schwankend. Zudem zählen die beiden derzeitigen WM-Teilnehmer mit ihren 29 und 27 Jahren auch nicht mehr zu den Jüngsten.
Dass es in seinem Verband zu lange dauert, bis sich Junioren zu Spitzenläufern im Weltcup entwickeln, hat Bernd Eisenbichler längst erkannt. "Das machen andere Nationen schneller", weiß der Sportchef der deutschen Biathleten.
Das Ziel: Früher konkurrenzfähig werden
Schließlich beobachtet Eisenbichler genau, wie etwa der 23-jährige Norweger Sturla Holm Laegreid in diesem Winter aus dem Nichts in die Weltspitze schoss. Oder wie sich der 25-jährige Schwede Martin Ponsiluoma und der gleichaltrige Franzose Emilien Jacquelin auf der Pokljuka zu Weltmeistern krönten. Tschechiens frischgebackene Einzel-Weltmeisterin Marketa Davidova ist 24.
Erste Maßnahmen, um die aktuelle Lücke zu den Top-Nationen zu schließen, hat der DSV bereits ergriffen: Mit Zibi Szlufcik gibt es seit eineinhalb Jahren einen neuen Nachwuchs-Cheftrainer, zudem wurde der Perspektivkader verjüngt. Zentrales Ziel ist es, im IBU-Cup, der zweiten Biathlon-Liga, in Zukunft verstärkt die 20- bis 24-Jährigen zum Einsatz kommen zu lassen. Um Deutschlands Biathletinnen und Biathleten früher als bislang international konkurrenzfähig zu machen.