Bolzplatz by Manu Thiele: Trainerwechsel kein Zaubermittel

Als der HSV am vergangenen Wochenende durch einen 3:2-Sieg in Paderborn auf einen Aufstiegsplatz kletterte, war das keine Sensation. Wie vor jeder der letzten fünf Spielzeiten der 2. Liga zählen die Rothosen zu den Aufstiegsfavoriten.

Überraschender für HSV-Verhältnisse war, dass in Paderborn immer noch Tim Walter auf der Trainerbank saß. Mit Walter hatte der Klub in der Vorsaison den Aufstieg verpasst, auch jetzt dreimal in Folge nicht gewonnen und dabei das Derby gegen den FC St. Pauli 0:3 verloren.

Walter ist der 26. HSV-Trainer seit Januar 2007 und sein Job galt lange als der unsicherste im deutschen Profi-Fußball. Während man an der Elbe nun offenbar einen anderen Weg eingeschlagen hat, halten etliche Klubs, die ihre Saisonziele in Gefahr sehen, am üblichen Rezept fest: In der Bundesliga hatten bereits nach dem zehnten Spieltag fünf Trainer ihren Job verloren.

Über diese Praxis sagte Trainer-Veteran Felix Magath 2019 bei einem legendären Auftritt im aktuellen sportstudio:  "Ich habe doch erlebt, wie mit den Trainern umgegangen wurde, wie die Trainer diffamiert wurden. Bei jeder Situation, immer war, oder ist der Trainer dran schuld."

Während die positiven Wirkungen vorzeitiger Trainerentlassungen umstritten sind, liegen die negativen auf der Hand. In seinem aktuellen "Bolzplatz" präsentiert Manu Thiele eine Statistik, in der die Punkte-Bilanz zehn Spiele vor und zehn Spiele nach Trainerentlassungen ausgewertet wurden.

Demnach gibt es zwar einen positiven Effekt, der ist allerdings minimal. "Das ist ein Indiz, dass mehr Geduld helfen kann und der Trainer nicht immer der Sündenbock ist", sagt Thiele.

Schädlich ist die Ungeduld dagegen nicht nur für das Renommee der entlassenen Trainer, sondern auch für die Klubkasse. Vorzeitig aus dem Vertrag scheidene Fußballlehrer müssen entweder weiterbezahlt werden oder erhalten eine Abfindung. Noch gravierender ist es, dass häufige Trainerwechsel sowohl die Entwicklung eines eigenständigen Spielstiles als auch die Identifikation von Fans und Umfeld mit dem Coach verhindern.

Beides ist in Freiburg und bei Union Berlin - den beiden aktuellen Musterbeispielen für Kontinuität auf dem Trainerstuhl - neben dem Erfolg ohne Zweifel vorhanden. Das Freiburger Eigengewächs Christian Streich ist über zehn Jahre gemeinsam mit der Mannschaft gewachsen und konnte sich darauf verlassen, dass die Klub-Spitze auch beim Abstieg an ihm festhält.

Bei Union haben es die Verantwortlichen des damaligen Zweitligisten vor vier Jahren geschafft, genau den richtigen Trainer für das Profil des Klubs zu finden. Das fällt vielen Klubs bei der kurzfristigen Suche nach einem Coach mitten in der Saison nicht leicht.

Neben mehr Geduld mit dem aktuellen und Sorgfalt bei der Auswahl des neuen Trainers plädiert Manu Thiele für mehr Respekt für alle Trainer. "Es ist ein extrem harter Beruf, das wird bei dieser emotionalen Diskussion gerne mal ausgeblendet", sagt er.  Über all diese Aspekte spricht Thiele unter anderem mit Trainer Manuel Baum und HSV-Vorstand Jonas Boldt.

Letzterer hat für den eigenen Weg schon vor einem halben Jahr unter anderem Union Berlin als Beispiel genannt: "Da war ein Weg zu erkennen, da ist eine Mannschaft zusammengeblieben, da konnte sich ein Team über einen gewissen Zeitraum entwickeln und verbessern", sagte Boldt.

"Für mich ist es am Standort Hamburg der einzige Weg, um auf Sicht erfolgreich zu sein. Alles andere funktioniert nicht, das hat uns die Geschichte gelehrt."