Bei seiner Vendée-Globe-Premiere hat Boris Herrmann vor einem Jahr ein Millionenpublikum für den Segelsport begeistert. Die Weichen für neue Gipfelstürme sind gestellt.
Vor einem Jahr hat Boris Herrmann Weihnachten als Solosegler allein an Bord seiner Rennyacht "Seaexplorer" gefeiert. 15.000 Kilometer entfernt vom Heimathafen Hamburg kämpfte er bei seiner Vendée-Globe-Premiere im Südpazifik um einen Spitzenplatz. Nur eine kleine Lichterkette unter Deck, ein paar Familienfotos und ein bescheidenes Festmahl aus der Tüte mit Gefriergetrocknetem und Grüße aus aller Welt ließen beim Weltumsegler im grauen Südpolarmeer etwas Weihnachtsstimmung aufkommen.
Dieses Jahr ist alles anders. "Ich erlebe das erste Weihnachtsfest mit unserer Tochter Malou, mit meiner eigenen kleinen Familie", sagt Herrmann mit fast seligem Ton in der Stimme im Gespräch mit ZDFheute. Und: "Ich bin heilfroh, dass ich nicht schon wieder allein auf See bin. Der Kontrast könnte nicht größer sein."
Vendée Globe: Die wohl härteste Segelregatta der Welt. Boris Herrmann auf 28.000 Seemeilen rund um die Welt. Beeindruckende Bilder, große Emotionen und ein dramatisches Ende.
Von Gretas Kapitän zum gefeierten Weltumsegler
Bei einer Familien-Auszeit zum Jahresende kann der 40-Jährige Kraft tanken und den Rückenwind einer letzten so vieler Auszeichnungen in diesem Jahr genießen: Bei der Ehrung von Deutschlands Sportlern des Jahres wurde er - genau wie bei der Vendée Globe - Fünfter. "Darauf bin ich stolz", sagt Herrmann zur Wahl, die Tennis-As Alexander Zverev gewann. Normalerweise dringen auch Top-Segler bei der Sportlerwahl nicht so weit vor.
Herrmann aber ist kein "normaler" Segler mehr. Als "Gretas Kapitän" auf der Atlantik-Überquerung mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg schon 2019 ins internationale Rampenlicht gesegelt, zog er mit seinem Vendée-Globe-Abenteuer 2020/2021 ein Millionenpublikum in den Bann.
Die dramatische Kollision von Herrmann mit einem Fischkutter in der Nacht vor dem Zieldurchgang hätte kein Hollywood-Regisseur besser erfinden können. Der Crash kostete Herrmann den Podiumsplatz, brachte ihm aber eine überbordende Sympathiewelle. TV-Auftritte, ein Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, vier veröffentlichte Bücher, ein neues, noch stärkeres Sponsorenteam und die abgeschlossene erste Halbzeit des Neubauprojekts für kommende Gipfelstürme zur See prägten Herrmanns Jahr. Sein neuer Racer soll im Juni 2022 fertig werden.
Neues Boot, neue Ziele
2022 ist Herrmanns Jahr des Comebacks. "Der große Meilenstein ist das termingerechte und erfolgreiche 'zu Wasser bringen' unseres neuen Bootes", sagt er. Nach ersten Tests und Trainings soll die Yacht dann Herrmanns Team Malizia im "The Ocean Race" erfolgreich tragen.
Die 14. Auflage des bekanntesten Mannschaftsrennens um die Welt startet im Januar 2023. Herrmann und sein Team Malizia wollen zeigen, dass sie auch gemeinsam an Bord bestehen können. Und sie wollen das Crew-Rennen nutzen, um das neue Boot für Herrmanns zweites Solo um die Welt bei der Vendée Globe zu optimieren.
Vorfreude auf deutsches Duell
Auf die zehnte Auflage der Vendée 2024/2025 bereitet sich mit dem in Frankreich lebenden Hamburger Jörg Riechers inzwischen ein zweiter deutscher Teilnehmer vor. Sein Team Alva Blue hat den Start bestätigt, ist aber noch auf der Suche nach Partnern.
Der 53-jährige Segelprofi Riechers gilt als willensstarker Solist, der von 78 Rennen 50 auf dem Podium beendete und neunmal siegte. "Die wertvollen Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich in den vergangenen 20 Jahren auf dem Wasser mit unterschiedlichen Rennbooten und bei herausfordernden Wetterbedingungen sammeln konnte, werden jetzt in den Bau unseres neuen Racers einfließen", sagt er. Der Neubau-Startschuss ist gerade gefallen.
Boris Herrmann begrüßt das mögliche deutsche Duell: "Das ist auf jeden Fall gut.