Während der ersten Corona-Wellen hatten die Sportvereine mit Austritten zu kämpfen. Jetzt gibt es vielerorts einen Zulauf an Mitgliedern. Dafür fehlt es häufig an Übungsleitern.
Nicht jeder Klub versucht das Problem so phantasievoll zu lösen, wie die Sportfreunde Anderten in Hannover mit einem Werbeplakat:
Aber davon betroffen sind eine wachsende Zahl von Vereinen im ganzen Land. In Online-Suchmaschinen hört die Reihe Fundstellen auf den Suchbegriff "Übungsleiter gesucht" gar nicht mehr auf. Das gilt für alle Sportarten.
Gesundheit, Fußball und Schwimmen
"Besonders akut ist es aber beim Gesundheitssport, beim Fußball und beim Schwimmen", sagte Daniel Ritzel, Vorsitzender des TSV Osterholz Tenever in Bremen gegenüber dem Weser-Kurier. Das Problem ist nicht neu, doch mittlerweile "ist der Bedarf so dringend wie nie", wie Vorstandsmitglied Matthias Ahmann vom westfälischen SC Falke Saerbeck sagt.
Dabei wird der Mangel durch eine an sich erfreuliche Entwicklung verstärkt. Nachdem die Breitensport-Vereine besonders im ersten Corona-Jahr 2020 aufgrund fehlender oder eingeschränkter Angebote einen deutlichen Mitgliederschwund zu verzeichnen hatten, geht der Trend nun wieder in die andere Richtung.
Rückläufige Ehrenamtlichkeit
"Wir haben einen starken Zulauf in den Vereinen. Zwar nicht in allen Bereichen, aber doch schon sehr deutlich", sagte Andreas Vroom, Präsident des Bremer Landessportbundes. "Daraus resultiert das Problem, dass wir dringend Übungsleiterinnen und Übungsleiter brauchen, um unserer Aufgabe gerecht werden zu können, Bewegung in die Bevölkerung zu bringen."
Betroffen von dieser Entwicklung sind besonders die Vereine, die auf ehren- oder nebenamtliche Übungsleiter angewiesen sind und lediglich eine Übungsleiter-Pauschale zahlen können – also der weitaus größte Teil. Schon vor Ausbruch der Pandemie litten sie besonders stark unter der rückläufigen Bereitschaft in der Gesellschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren. Nach dem vorübergehenden Lock Down im Breitensport ist es nun besonders schwer, alte und neue Kräfte zu motivieren.
Das über einen langen Zeitraum eingeschränkte Sportangebot blockierte zudem die beiden wichtigsten Zugangswege neuer Übungsleiter: aus dem Kreis der Aktiven und deren Eltern.
Trainerlizenz im Sportunterricht
Dafür wird ein neues Potenzial immer wichtiger. Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen des Sport-Unterrichts die Möglichkeit erhalten, die C-Lizenz des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als Übungsleiter Breitensport zu erwerben. Das Modell gewinnt in allen Bundesländern an Bedeutung.
Höherer Übungsleiterfreibetrag
Für den Fußball bieten einige Mitgliedsverbände des DFB seit kurzem mit dem Kindertrainer*in Zertifikat einen neuen niedrigschwelligen Einstieg an - eine Art kleiner Trainerschein, der in zwanzig Lerneinheiten erworben wird, die auf zwei Präsenztage und drei Onlinephasen aufgeteilt sind.
Die finanziellen Rahmenbedingungen wurden für nebenamtliche Übungsleiter im letzten Jahr verbessert: Der Übungsleiterfreibetrag wurde von jährlich 2.400 auf 3.000 Euro erhöht. Eine weitere politische Forderung betrifft die etwa 4.000 Stellen in den Sportvereinen, die durch Freiwilligendienste besetzt sind.
Sportjugend fordert Absicherung für Freiwillige
Für diese fordert die Deutsche Sportjugend vom Bundesjugendministerium die Absicherung über das Jahr 2023 hinaus. Wenn Mittel nicht durch einen ausreichenden Vorlauf zur Verfügung ständen, müssten laut Verband etwa achthundert Plätze unbesetzt bleiben.
Davon wären "tausende von Bewegungsangeboten und zehntausende von Kindern betroffen, Woche für Woche." Zudem würde ein wichtiges Format für den ehrenamtlichen Nachwuchs wegbrechen, sich bei der Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts aktiv einzubringen.