"Wirklich sehr schwierig": Ethikrat-Chefin Buyx hält nichts von der Austragung der Olympischen Spiele im Sommer. Auch in Japan wächst die Kritik.
Olympia in Pandemiezeiten? Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, hält Spiele in Tokio im Sommer für schwierig: "Mein Herz schlägt für den Sport. Diese völkervereinende Idee von Olympia, die ist wunderbar", sagte die Medizinerin und Philosophin dem "Spiegel". Dies sei aber nur die eine Seite, die Realität eine andere.
"Wir sind in der schlimmsten Welle der Pandemie. In Indien brennen die Feuer vor den Krankenhäusern. In vielen Ländern sind noch nicht mal die Krankenschwestern geimpft", fährt Buyx fort. Hinzu kämen immer neue Virusmutanten.
Sie kritisiert zudem, dass Olympiateilnehmer bevorzugt geimpft werden sollen. "Die Impfziele sind nach wie vor eindeutig gesundheitsorientiert und auf die Pandemie und das Aufrechterhalten unseres Lebens gerichtet", so die Ethikerin. Dass Athleten mitunter "ein Leben lang für Olympia trainiert haben, ist in dem Zusammenhang leider noch unerheblich".
Notstand in Tokio verlängert
Nur gut zwei Monate vor den Spielen ist auch die Pandemielage vor Ort weiter angespannt. Japans Regierung verlängerte den Notstand in Tokio und drei weiteren Regionen bis Ende Mai. Auch in zwei weiteren Präfekturen wurde der Notstand verhängt.
Die Regierung habe gehofft, dass ein "kurzer und starker" Notstand ausreichen würde, um die vierte Infektionswelle in Japan einzudämmen, aber die Neuinfektionen in Großstädten wie Tokio und Osaka seien immer noch auf hohem Niveau, sagte Ministerpräsident Yoshihide Suga.
Die Durchführung der Spiele stößt auch in Japan selbst auf wachsenden Widerstand. Umfragen zufolge sind rund 80 Prozent für eine weitere Verlegung oder gar die komplette Absage der Spiele.
Mehr als 200.000 Menschen unterzeichneten binnen zwei Tagen eine Online-Petition mit einer entsprechenden Forderung. Um sie auszurichten, würden "eine große Anzahl medizinischer Fachkräfte, wertvolle Ressourcen wie medizinische Einrichtungen und medizinische Geräte und andere Ressourcen" benötigt, heißt es darin.
Geisterspiele nicht ausgeschlossen
Im internationalen Vergleich ist Japan zwar nicht so schwer wie andere Länder von der Corona-Pandemie betroffen. Allerdings werden Höchststände bei Neuinfektionen wie im Januar verzeichnet, das Gesundheitssystem ist schon jetzt belastet. Wiederholt starben Menschen zu Hause, während sie auf freie Krankenhausbetten warteten.
Auch wird die Regierung Suga für den erstaunlich langsamen Impfprozess kritisiert. Bisher sind lediglich zwei Prozent der gut 125 Millionen Japaner gegen das Virus geimpft.
IOC hält an Austragung fest
Ausländischen Zuschauern wurde die Reise zu den Spielen bereits untersagt. Auch völlige Geisterspiele sind nicht ausgeschlossen: Im Juni soll entschieden werden, ob auch japanische Fans von den Wettkämpfen ausgeschlossen werden sollen.
Das Internationale Olympische Komitee hält nach wie vor an einer Austragung im Sommer fest. Die Spiele waren bereits 2020 um ein Jahr wegen der Pandemie verschoben worden.
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