Darts-Spieler Clemens im ZDF: So geht es nach der WM weiter

Er hat keinen bunten Irokesenschnitt und kann auch nicht so böse gucken wie mancher Kollege in der oft bunten Darts-Welt. In Sachen Schlagfertigkeit kann es der Normalo Gabriel Clemens aber mit den großen Entertainern aufnehmen. Auf die Frage, ob er sich ein Leben in England vorstellen könne, der Heimat seiner Sportart, antwortete der 39-Jährige im aktuellen sportstudio trocken:

Auch die Verwandlung in eine schrille Bühnenfigur kann er sich nicht vorstellen. "Dafür bin ich viel zu bodenständig", sagte der "German Giant", der jüngst bei der WM in London mit dem starken 5:1-Sieg über Favorit Gerwyn Price die deutsche Pfeile-Welt aus den Angeln gehoben hatte.

Ihm war damit im Darts-Mekka Alexandra Palace der historische Einzug ins Halbfinale gelungen. Seine Art von Spiel? "Schnellstmöglich von 501 Punkten auf Null zu spielen", antwortet Clemens cool.

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Genau diese unaufgeregte Art könnte sein Erfolgsrezept sein. Das Mind Game ist im Darts von größter Bedeutung und Clemens hat offenbar die Gabe, auf Knopfdruck "im Tunnel" zu verschwinden. Aus dem Thrill zieht er auch Spaß: Das Duell im Scheinwerferlicht schätzt er als eine Art "permanentes Elfmeterschießen".

Vielleicht kommt ihm auch entgegen, dass er sich als Spätzünder an die Weltspitze rangerobbt hat - im Gegensatz etwa zu Max Hopp, der mit nur 16 Jahren im Ally Pally debütierte und seither dem Fluch als "teenage sensation" nicht entkam.

Clemens wagte sich erst vor vier Jahren an die Profikarriere, um "mit 50 nicht sagen zu müssen: Hättest du mal!" Er hatte daheim wohl auch erst Mutter Ilona zu überzeugen, die fürchtete: "Das geht volle Lotte in die Hose." Ging es nicht.

2020 sorgte "Gaga" erstmals für Furore. Er warf Titelverteidiger "Snakebite" Peter Wright aus der WM und überstand als erster Deutscher überhaupt die dritte Runde. Dieses Jahr der Durchbruch, als er mit dem Punkteschnitt von 99,94 gegen Price auch einen deutschen WM-Rekord aufstellte und den aktuellen Hype startete.

Clemens hat Wurftalent, Disziplin, die nötigen Nerven und ist noch nicht am Ziel.

... sagte er mit Blick auf die "Order of Merit" der Professional Darts Corporation (PDC). In dieser Geldrangliste/Weltrangliste steht er durch die WM-Prämie erstmals in den Top 20.

In zwei Jahren hat er 323.000 Euro erspielt, aber am Beginn einer Darts-Karriere ist das nicht so üppig. Der gelernte Industriemechaniker beginnt erst, den neuen Beruf auf eine solide Basis zu stellen.

Am Anfang hält Darts vor allem hohe Reisekosten und schlechte Hotelbetten bereit. Der Turnierkalender ist unbarmherzig und die "Order of Merit" ein Biest: Oft entscheidet sie allein über weitere Startrechte und damit über Einnahmechancen. So wie beim Masters in Milton Keynes Endes dieses Monats, bei dem Clemens seine WM-Form bestätigen möchte.

Ob er zudem eine Wildcard für die extrem lukrative Premier League erhält, entscheidet die PDC bald. Ein fester Startplatz für die 17 Wochen lange Tour quer durch Europa ist eher unwahrscheinlich.

Möglich aber, dass der auf den deutschen Markt schielende Verband ihren Mann der Stunde anders einbindet. Und sei es mit einer Gastrolle beim Spieltag in Berlin. Clemens dürfte für jede Chance dankbar sein.

Denn noch fehlt Stamina - Durchhaltevermögen über die Strecke. Und vor allem die ständige Wettkampfpraxis auf höchstem Niveau. Daher sind große Turniere aktuell fast wichtiger als die vier, fünf Stunden am Brett täglich oder die Einheit mit Mental- oder Athletik-Coach. Das Messen mit den Topstars ist besser als jede Übungseinheit.