Thomas Weikert, Noch-Präsident des Internationalen Tischtennis-Verbandes, will am 4. Dezember zum DOSB-Chef gewählt werden. Er möchte ein nahbarer Chef sein, sagt er im Interview.
ZDFheute: Herr Weikert, der Deutsche Olympische Sportbund steckt aktuell in der größten Krise seit seiner Gründung. Der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin wird es nicht leicht haben, Vertrauen zurückzugewinnen. Warum wollen Sie das Amt dennoch übernehmen?
Thomas Weikert: Es war immer eine Stärke von mir, dass ich versuche zu befrieden, wenn es nicht ganz so rund läuft. Das kenne ich aus meinem Anwaltsjob, da mache ich viel Familienrecht. Da ist es wichtig, in Krisenzeiten, wenn es überall knarzt, mit den verschiedenen Parteien zu sprechen und auszuloten, wie man zueinander finden kann. Es wäre eine interessante Aufgabe, den DOSB aus dieser Krise herauszuführen.
ZDFheute: Es gibt viel zu tun, wo wollen Sie anfangen?
Weikert: Es ist nicht alles auf einmal und sofort zu schaffen. Aber ich bin fest überzeugt: Der DOSB hat gute Mitarbeiter und gute Programme. Ich nenne mal den Bereich "Safe Sport", da ist wenig gemacht worden, immer nur häppchenweise, da muss schnell etwas passieren. Und das zentral gesteuert vom DOSB. Ob von extern oder intern, das müssen wir besprechen, die Athleten sagen von extern. Der Breitensport hat gelitten zuletzt, wir brauchen mehr Sportangebote. Den Leistungssport müssen wir im Blick haben, es stehen die Winterspiele in Peking vor der Tür. Bei den Trainern müssten die Verträge nachgebessert werden. Bei der Digitalisierung muss es voran gehen.
ZDFheute: Hohe Sportfunktionäre besitzen keinen besonders guten Ruf. Sie residierten in noblen Hotels, kungelten untereinander, ließen sich gern mit den Stars fotografieren, wüssten aber nichts von den Sorgen und Nöten der Athleten und der Basis. Sind Sie anders?
Weikert: Ich hoffe, dass ich anders bin. Ich bin auch Geschäftsführer eines kleinen Tischtennisvereins und spiele jedes Wochenende, sofern ich da bin, und zweimal in der Woche gehe ich zum Training. Die Leute denken immer genau das: Gute Hotels, Sekt im VIP-Raum, Unterhaltungen mit den Stars. Ja, das gibt es.
Man hat beim Sport Gäste und Sponsoren, die sich wohl fühlen sollen. Aber: Es gibt auch die andere Seite. Ich arbeite zum Beispiel einmal im Jahr für die Stiftung des Welt-Tischtennis-Verbandes in Krisengebieten, an der syrisch-jordanischen Grenze im Flüchtlingslager, in Nepal oder auch in Guinea. Da mache ich, was alle anderen der Stiftung auch machen, ich spiele und trainiere mit den Kindern. Deswegen traue ich mir durchaus zu, ein wenig anders zu sein.
ZDFheute: Sportlerinnen stehen weniger in der Öffentlichkeit und verdienen weniger Geld, auch die Führungspositionen im Sport sind vornehmlich in männlicher Hand. Eine Frau als DOSB-Präsidentin wäre da vielleicht keine schlechte Idee. Als Favorit gelten jedoch Sie, ein Mann. Was sagen Sie den Frauen?
Weikert: Das mit dem Favoriten höre ich nicht ganz so gern. Ich kann ja erstmal nichts dafür, dass ich ein Mann bin. Ich glaube nicht, dass es einen Unterschied macht. Das sehe ich auch bei denen so, die hoffentlich in meinem Team sein werden. Aber ich sehe auch, dass im Frauensport viel weniger Geld bezahlt wird.
Und es ist klar, dass man auch auf Vorstandsebene und für das Präsidium Frauen finden sollte.
ZDFheute: Sie haben schon öffentlich gesagt, dass Sie für Olympische Spiele in Deutschland sind, eine Bewerbung für die Winterspiele 2030 und/oder die Sommerspiele 2036 fänden Sie gut. Was sagen Sie den Menschen im Land, die Olympia vor der Haustür skeptisch sehen?
Weikert: Guckt Euch 2006 an, die Fußball-WM, was da für ein Hype hier war, wie die Menschen sich über den Sport nah gekommen sind. Die deutsche Flagge war wieder salonfähig und wir haben zusammengehalten. Die Dinge, die finanziell drum herum passiert sind, möchte ich jetzt nicht kommentieren. Das hat mit dem Fußball selbst nichts zu tun. So kann das bei Olympia auch werden, wenn man das vernünftig anpackt.
Das Gespräch führte Susanne Rohlfing
Kandidaten bei den Neuwahlen des DOSB am 4.Dezember