Champions League: Frankfurts Angst vor der Eskalation
Heimspiel gegen Marseille:Frankfurts Angst vor der Eskalation
von Frank Hellmann
|
Es geht für Eintracht Frankfurt heute, 21 Uhr, im Champions-League-Heimspiel gegen Olympique Marseille nicht nur um sportlichen Erfolg. Der Klub hofft auf einen friedlichen Ablauf.
Unterstützung ja, Ausschreitungen nein: Eintracht Frankfurt hofft auf einen friedlichen Ablauf der Partie gegen Olympique Marseille. Im Hinspiel (Bild) war das nicht der Fall.
Quelle: Daniel Cole/ap
Wie das berühmte Lauffeuer verbreitet sich in sozialen Netzwerken gerade das Interview, das Michael Brehl den Vereinsmedien von Eintracht Frankfurt vor dem Champions-League-Heimspiel gegen Olympique Marseille (Anstoß 21 Uhr) gegeben hat.
Eintracht-Fan nur knapp dem Tod entkommen
Noch immer liegt der Eintracht-Anhänger aus Friedrichsdorf, der beim Hinspiel in Marseille nur knapp dem Tode entkam, als sich eine Leuchtrakete in seinen Körper bohrte, im Krankenhaus. Mehrere Operationen hat der 65-Jährige hinter sich. Zudem hat er sich psychologische Hilfe geholt. Der mutmaßliche Täter ist inzwischen wegen versuchten Mordes angeklagt.
Ein Olympique-Marseille-Anhänger ist wegen versuchten Mordes angeklagt worden. Bei Pyro-Attacken beim Spiel von Frankfurt in Marseille war ein Eintracht-Fan schwer verletzt worden.
"Der Einschlag am Hals ging so schnell, selbst die hochgerissene Hand hat nicht geholfen. Im Fallen habe ich schon gemerkt, dass ich halbseitig gelähmt bin", erzählt Brehl. Wäre, wie zunächst vermutet, die Halsschlagader betroffen gewesen, hätte er kaum überlebt.
"Ich stimme Peter Fischer (Eintracht-Präsident, Anm. d. Red.) voll zu", sagt Brehl über die Begleitumstände an jenem 13. September - "das waren bürgerkriegsähnliche Zustände."
Ein Klick für den Datenschutz
Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Jesper Lindström hat Eintracht Frankfurt den ersten Sieg in der Champions League beschert. Der Treffer des Dänen reichte zum 1:0-Auswärtssieg bei Olympique Marseille.14.09.2022 | 2:59 min
Die Ausschreitungen gipfelten im Stade Velodrome mit dem gegenseitigen Beschuss von Pyrotechnik, von beiden Fanlagern ausgiebig bejubelt - was alles konterkarierte, was Fankultur ausmacht. Augenzeugen berichteten, dass sie eine derart aggressive Stimmung noch nie erlebt hätten.
Dass aus Eintracht-Reihen zudem ein Hitlergruß gezeigt wurde, war unentschuldbar. "Das ist absolut zu verurteilen, das Schießen von Pyrotechnik in andere Blöcke ist ein No-Go", stellte Aufsichtsratschef Philip Holzer in der "FAZ" klar.
Es mutete nicht nur wie ein Wunder an, dass es nicht mehr Schwerverletzte gab - sondern auch, dass die Dachorganisation UEFA auf eine Bestrafung des Europa-League-Siegers verzichtete, der doch eigentlich nach dem Platzsturm im Halbfinale gegen West Ham United auf Bewährung spielt.
Wieder wurde vorläufig auf Sanktionen verzichtet. Bei der nächsten Verfehlung aber sind Geisterspiele im Frankfurter Stadtwald unvermeidlich.
Verbale Abrüstung ist angesagt
So wird das Rückspiel gegen den französischen Vizemeister zum doppelten Drahtseilakt: Wollen die Hessen im Europapokal überwintern, müssen sie gegen Marseille ein zweites Mal gewinnen. Dann hätten sie es im letzten Gruppenspiel bei Sporting Lissabon (1. November) sogar selbst in der Hand, ins Achtelfinale der Königsklasse einzuziehen.
Aber wichtiger für weitere stimmungsvolle Europapokal-Nächte wäre es, dass am Mittwoch im Stadion als auch in der Stadt alles friedlich abläuft. Verbale Abrüstung kann da nur helfen.
Brehl: Keine Revanchegelüste
Der vermutlich für sein weiteres Leben beeinträchtigte Brehl spielt dabei eine Schlüsselrolle, wenn er öffentlich versichert: "Ich habe keinen Zorn oder Wut auf irgendjemand. Eintracht Frankfurt hat eine Haltung: Wir verzeihen, wir sind tolerant, wir haben keine Revanchegelüste."
Doch hilft sein Appell? Die tonangebenden Frankfurter Ultra-Gruppierungen haben bislang nichts verlautbaren lassen. Fanexperten wie Michael Gabriel äußerten sich zuletzt besorgt, das gerade unter den Eintracht-Ultras die Grenzüberschreitungen zunehmen, weil die Gewaltschwelle gesunken sei.
Holzer vertraut bei den konkreten Sicherheitsmaßnahmen auf die Arbeit der Exekutive.
Für Holzer war erschreckend, dass sich die Behörden in Marseille offenbar der gewaltbereiten Fanszene ergeben haben. "Nach dem Motto: Das ist bei uns Standard. Für mich hat sich da einmal mehr erkennen lassen, dass insbesondere der französische Staat in Bereichen Teile seiner Gesellschaft abgeschrieben hat", so Holzer. "Und da kann ich nur sagen: Gnade uns Gott, dass wir dieselbe Entwicklung in Deutschland nicht erleben."
Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.