Alles war bereit für den vierten Sieg. Doch nach dem 2:3 gegen Kasachstan muss das DEB-Team bei der Eishockey-WM ums Viertelfinale kämpfen. Die nächsten Gegner haben es in sich.
Toni Söderholm sah nicht glücklich aus, als er im Presseraum der Arena von Riga saß. Schon während des Spiels gegen Kasachstan sah man den Eishockey-Bundestrainer mit zusammengekniffenen Augen, grübelnd, irgendwie unzufrieden.
Am Ende verlor die deutsche Auswahl 2:3. Die erste Niederlage bei der WM in Lettland. Ein Rückschlag auf dem Weg ins Viertelfinale, das durch einen Sieg mehr oder weniger erreicht gewesen wäre. Und nach den drei Auftakterfolgen - gekrönt durch das historische 3:1 über Kanada - schien Kasachstan ja keine hohe Hürde zu sein.
Toni Söderholm: Reset-Knopf drücken
Söderholm sah das anders, es gebe "viele Gründe, die Kasachen zu respektieren". Doch dann ließ es sein Team zu oft an Tempo, Cleverness und Zweikampfhärte vermissen. Und als Verteidiger Marcel Brandt kurz vor Schluss ausrutschte, war der Weg zum Siegtreffer für die Kasachen frei.
Für die deutsche Mannschaft sollte es am Abend nach dem Spiel dann einen Ausflug geben. Eine nette Abwechselung nach eineinhalb Wochen in Riga, in denen die Spieler nur Eishalle, Speisesaal und Hotelzimmer sahen. Es gehe darum, "den Reset-Knopf zu drücken", so Söderholm, die Spieler sollen gedanklich "weg vom Eishockey" kommen.
DEB-Team erwartet drei schwere WM-Gegner
Doch nicht lange. Am Donnerstag beginnt die Vorbereitung auf das Spiel gegen Finnland am Samstag. Nächsten Montag geht es gegen die USA, zum Abschluss der Vorrunde am Dienstag gegen Lettland. Alles direkte Konkurrenten um einen Platz im Viertelfinale. Eins, besser zwei Spiele wird die DEB-Auswahl wohl gewinnen müssen.
Dass sie Große schlagen kann, bewies sie bereits: Nach den Siegen über Italien (9:4) und Norwegen (5:1) feierte sie ein 3:1 gegen Kanada. Kein Einzelfall bei der WM der Überraschungen, bei der die großen Namen reihenweise verlieren, weil im Corona-Jahr viele Stars zu Hause geblieben sind. Auch Finnen und Amerikaner, was die Hoffnung auf den nächsten DEB-Coup wachsen lässt. Für Ausnahmetalent Moritz Seider stand bereits am Mittwoch fest:
Reichel fraglich, Kahun noch in Quarantäne
Fraglich ist, ob Lukas Reichel helfen kann. Der Jungstar aus Berlin, der vor dem Sprung in die NHL steht, bekam einen Check gegen den Kopf und musste verletzt raus. Fällt er aus, muss Söderholm die Sturmreihen umbauen. Noch nicht helfen kann Dominik Kahun. Im Gegensatz zu Vereinskollege Leon Draisaitl war der Angreifer zwar nach dem Playoff-Aus der Edmonton Oilers zum WM-Turnier eingeflogen, muss aber erst mal einige Tage in Quarantäne.
Ein anderer Mann mit NHL-Erfahrung ist dagegen von Beginn an dabei: Tom Kühnhackl. Der Sohn von Jahrhundertspieler Erich Kühnhackl gewann bereits zweimal den Stanley Cup in der NHL, er war es, der das DEB-Team zu Olympia schoss, wo es 2018 sensationell Silber holte.
Kühnhackl ist das Sinnbild des Teams
Kühnhackl selbst war bei den Spielen aber nicht dabei, er musste zeitgleich in der NHL spielen, die ihr Personal nicht freigab. Auch bei Weltmeisterschaften war er bislang stets im Verein gefragt oder verletzt. Also feiert er nun in Riga mit 29 Jahren sein WM-Debüt. Ausgerechnet dort, wo er das Tor in der Olympia-Qualifikation schoss. Das sei eine "sehr gute Erinnerung", sagte er vor dem Turnier, er könne "mit breiter Brust" spielen.
Das tut er seitdem, sammelte bereits vier Scorerpunkte, auch gegen Kasachstan traf er. Genauso wichtig ist er in der Defensive, schmeißt sich in Unterzahl in Schüsse. Kühnhackl ist so etwas wie das Sinnbild dieses Teams: kein Feingeist, aber robust, schnell, mit Zug zum Tor und Leidenschaft.
Bundestrainer trifft auf sein Heimatland
Diese Tugenden sollen gegen Finnland wieder mehr zu sehen sein. Für Bundestrainer Söderholm ein besonderes Spiel, es geht schließlich gegen sein Heimatland. Gegen den Titelverteidiger. Und wenn alles klappt, wie er sich das vorstellt, wird er sicherlich auch mal lächeln.