Die European Championships in München könnten zum Vorbild für Großevents im Sport werden. Das hat viel zu tun mit Begeisterung und Nachhaltigkeit.
Die Athletinnen und Athleten haben ihre Bilanz in München längst gezogen, schon Tage vor dem Ende der zweiten European Championships am Sonntag.
Das sagte Zehnkämpfer Arthur Abele in den Gängen des Olympiastadions nach dem letzten Wettbewerb seiner Karriere. Auch Niklas Kaul, der neue Zehnkampf-Europameister, sprach davon, er habe eine solche Stimmung "noch nie erlebt".
European Championships schon jetzt ein Sehnsuchts-Event
Schon jetzt kündet die Begeisterung der Sportlerinnen und Sportler sowie des Publikums davon, dass die European Championships in München als Erfolg und Sehnsuchts-Event in Erinnerung bleiben werden. Der Zuschauerzuspruch ist groß, die Akzeptanz der Veranstaltung ebenso.
Zehntausende Besucher sind bei den European Championships in München dabei und feuern die Sportler an, fiebern mit und genießen das Geschehen sowie die Freizeitaktivitäten.
Das liegt auch an jener Nachhaltigkeit, durch die diese Multi-EM als Vorbild für andere Sport-Großveranstaltungen wahrgenommen wird. Nachhaltigkeit sei auch für künftige Olympische Spiele "ein Schlagwort, das wir umsetzen müssen", befand Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), in München.
Etat nur gut ein Prozent der Olympia-Kosten in Tokio
Ruderer Oliver Zeidler lobte die European Championships, "weil sie etwas von Olympia haben, aber ohne den Gigantismus". Tatsächlich dürfte der Erfolg der Veranstaltung aber gerade darin begründet liegen, dass sie ganz anders daherkommt als Olympische Spiele.
Das beginnt bei den Kosten. Die Sommerspiele in Tokio im vergangenen Jahr mit 11.400 Sportlerinnen und Sportlern hat offiziell rund 13 Milliarden US-Dollar verschlungen. Für die Münchner European Championships mit 4.700 Athletinnen und Athleten wurden von Bund, Land und Stadt 130 Millionen Euro aufgewendet - also gerade einmal gut ein Prozent der Olympia-Kosten.
- Wie Olympia, nur besser
Die gerade laufenden European Championships sind ein Mega-Event: sportliche Begeisterung, Medaillen-Regen und Party-Stimmung. Vergleichbar mit Olympia '72? Ein Halbzeit-Kommentar.
Nachhaltigkeit durch Invest in vorhandene Sportanlagen
Neue Wettkampfstätten, die nach den Europameisterschaften in immerhin neun Sportarten womöglich nicht mehr genutzt werden und verfallen wie zuletzt oft bei Olympia, wurden nicht errichtet. Genutzt wurden in München unter anderem jene Orte, die bereits seit Olympia 1972 bestehen.
Investitionen zielten meist auf vorhandene Anlagen ab. Im Olympia-Stadion hatte es beispielsweise seit 2011 keine Tartanbahn mehr gegeben. Nun wurde eine neue Laufbahn eingebaut, die zur weiteren Nutzung erhalten bleiben soll.
Sportgroßereignis nicht dem IOC-Diktat unterworfen
Manche wollen in der Multi-EM ein Signal für eine neue Olympia-Bewerbung erkennen. Allerdings macht die European Championships ja gerade aus, dass sie für alle Beteiligten spürbar nicht dem Diktat und Gewinnstreben des bei Olympia auch noch steuerbefreiten Internationalen Olympischen Komitees (IOC) unterworfen ist.
Anders als bei Olympischen Spielen dürfen und sollen in München vor allem lokale Unternehmen profitieren, ebenso der Olympiapark und seine künftigen Gäste.
Siegerehrung nachhaltig: Ochsenaugen statt Blumensträuße
Dieser Geist zeigt sich auch bei den Siegerehrungen. Statt neben den Medaillen Blumensträuße zu verteilen, die rasch verwelken, gibt es kleine Blumentöpfe mit Setzlingen, die am Ufer des Olympiasees eingepflanzt werden.
Die Pflanzen namens Ochsenaugen sollen als blühende Erinnerung jahrelang erhalten bleiben. Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne nennt dies "eine kleine Geste" im "umfänglichen Nachhaltigkeitskonzept".
Nach Schwimmen könnte auch Leichtathletik aussteigen
Wie nachhaltig das Format European Championships ist, steht allerdings schon bei der zweiten Ausgabe in München infrage. Die Schwimm-EM hat sich bereits abgekoppelt und findet parallel in Rom statt. Das liegt auch daran, dass in der Münchner Olympia-Schwimmhalle nur acht statt der geforderten zehn Bahnen zur Verfügung stehen. Eine bauliche Erweiterung war nicht praktikabel und wäre zudem nicht nachhaltig gewesen.
In der Leichtathletik gibt es ebenfalls Bestrebungen auszusteigen. Zehnkampf-Europameister Niklas Kaul ist dagegen. Das aktuelle Konzept habe Zukunft, findet er. Gerade auch wegen der Begeisterung der Menschen vor Ort.
- European Championships 2022
Hier gibt's Livestreams, Highlights und Zusammenfassungen rund um die European Championships 2022.