Patrick "Coach" Esume will bis Mitte Juni ein neues europäisches Football-Format aus dem Boden stampfen. Die deutsche Liga kritisiert das Projekt harsch.
Die hierzulande (noch) kleine Welt des American Football ist in Aufruhr geraten. Ende März kündigten Patrick Esume, als TV-Experte das prominenteste Football-Gesicht hierzulande, und Ex-ProSiebenSat.1-Geschäftsführer Zeljko Karajica an, dass ihr neues europäisches Football-Format European League of Football (ELF) trotz Corona-Krise bereits am 20. Juni an den Start gehen soll.
Es geht darum, Football in Europa sportlich und wirtschaftlich auf ein neues Level zu bringen, sagt ELF-CEO Karajica, der mit seiner Sportholding SEH beteiligt ist. Die mächtige US-Profiliga gestattete die Nutzung der Teamnamen, "aber die ELF wird eine eigene Identität haben", sagt Karajica.
Acht kommerzielle Franchise-Teams soll die neue Liga umfassen, darunter mit den Wroclaw Panthers und den Barcelona Dragons zwei internationale Teilnehmer sowie sechs deutsche mit wiederbelebten Traditionsstandorten wie Frankfurt Galaxy und Hamburg Sea Devils. Aber auch gänzlich neue Teams wie die Leipzig Kings sollen dabei sein. Von 750.000 Euro Franchisegebühr pro Team munkelt man. Die ELF mag das nicht kommentieren.
Zweifel an der Seriosität
Doch es gibt noch vor dem Start Zweifel an der Seriosität und Umsetzbarkeit des Unternehmens ELF. In Leipzig etwa gab es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weder einen Coach noch Spieler oder eine Spielstätte. In der Sportszene der Stadt, auch im Rathaus, wusste man nichts davon. Und auch der Besitzer des neuen Teams ist nach wie vor unbekannt.
Die Marke Leipzig Kings hat die Frankfurter Firma B.G.A. Football Betriebs GmbH, Finanzier des Konkurrenten Frankfurt Galaxy, beim Patentamt eintragen lassen. Karajica teilte auf Anfrage mit, es sei nicht "hilfreich, jeden Zwischenschritt öffentlich zu kommentieren". Die Köpfe hinter dem Franchise würden zeitnah präsentiert.
- Folge 8: Patrick "Coach" Esume
Der Podcast, in dem auch an der Torwand geschossen wird.
Zwar gibt es in Fred Armstrong inzwischen einen Headcoach für die Leipziger. Doch für eine Football-Mannschaft sind etwa 60 Spieler nötig. Wo die herkommen sollen - Importspieler aus den USA sind nur vier gestattet - ist aktuell unklar. Weder bei bestehenden Vereinen in Leipzig, noch im nahen Dresden bei den Monarchs haben die Leipzig Kings bislang angefragt. Für ein eingespieltes Team auf hohem Niveau braucht es viele Trainingswochen. Kann ein solcher Schnellschuss also gutgehen? "Coach" Esume betont gelassen:
ELF nicht an Austausch interessiert
Grundsätzliche Kritik am Vorgehen der ELF äußert die deutsche Liga GFL. Ligavorstand Axel Streich sagt nach zwei Treffen, dass die ELF wenig Interesse an Austausch habe, sich dafür aber an den bestehenden Strukturen bediene: Gleich drei Vereine meldeten nicht mehr für die deutsche Liga. In Elmshorn und Hildesheim verabschiedeten sich die Hauptsponsoren der Vereine, um lieber in die Franchises zu investieren.
In Hannover und Ingolstadt platzten dann Franchise-Kooperationen kurz vor knapp, sodass diese Teams nun weder in der Bundesliga noch in der ELF vertreten sind. Ein erster Aderlass.
- Jakob Johnson im sportstudio
Der Weg von Jakob Johnson in die NFL war besonders lang. Im aktuellen sportstudio spricht er über harte Arbeit, Tom Brady und Rassismus in den USA.
Streich: Football leidet
"Den Vereinen wurden Ressourcen entzogen, die Spieler sind letztlich die Leidtragenden", kritisiert Streich. "Der Football insgesamt in Deutschland leidet mehr darunter, als dass er profitiert." ELF-Frontmann Esume entgegnet, dass beide Systeme "gut nebeneinander bestehen" könnten: "Football wird in Deutschland immer populärer, die Anzahl der Fans nimmt zu", sagt der 47-jährige sogenannte ELF-Commissioner.
"Unser Ansatz ist es, den Sport zu professionalisieren. Das macht ihn auch für die Protagonisten, nämlich die Spieler, noch reizvoller. Wettbewerb erhöht die Dynamik." Davon wird es jede Menge brauchen, wenn der Kickoff tatsächlich im Juni stattfinden soll.