Max Verstappen ist jetzt für viele Experten Favorit in der Formel-1-WM. Nicht nur, weil Red Bull mit Mercedes zumindest auf Augenhöhe fährt. Sondern vor allem durch eigene Stärke.
Zum Großen Preis von Brasilien kommt Max Verstappen mit 19 Punkten Vorsprung in der Formel-1-WM-Wertung - und auch in diesem Rennen in Interlagos gilt er als Siegkandidat Nummer 1. Erstens, weil auf dem Kurs in über 600 Metern Höhe Red Bull technisch wieder leichte Vorteile eingeräumt werden. Aber vor allem deshalb, weil der 24-Jährige zurzeit schier unglaublich gut in Form ist.
Verstappen abgebrüht und clever
Bei seinem Sieg in Mexiko vor einer Woche hatte er sogar so viel freie mentale Kapazitäten, dass er sich während des Rennens via Funk über die Strategie seines Teamkollegen Sergio Perez und dessen Abstände zu Lewis Hamilton informieren konnte.
Und noch ein Beispiel für die Verstappens Abgebrühtheit: Als Mercedes kurz vor Schluss den zwei Runden zurückliegenden Valtteri Bottas noch einmal an die Box holte, um dem Holländer mit weichen Reifen den Punkt für die schnellste Rennrunde zu entreißen, bremste er den kurz hinter ihm wieder auf die Strecke gekommenen Finnen so geschickt ein, dass die Aktion zumindest beim ersten Versuch misslang.
Allerdings holte sich Bottas dann noch einmal einen neuen Reifensatz - und schaffte es in der allerletzten Runden doch noch - aber Verstappen konnte es verschmerzen.
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Start in Mexiko mit Psycho-Wirkung
Dazu das verblüffende Manöver am Start, als er vom dritten Platz aus an den Mercedes‘ von Bottas und Hamilton vorbeiflog und sich mit einem extrem späten Bremsmanöver, von dem etwa Experte Timo Glock glaubte, "das kann nie gut gehen", die Führung sicherte.
"Wir wussten, dass der Start entscheidend sein würde - und zum Glück hat er perfekt funktioniert. Wir kamen mit drei Autos Seite an Seite zur ersten Kurve geflogen, ich bremste so spät es ging, und ich konnte das Auto auf der Strecke halten", grinste er später.
Lob von Weltmeister Jenson Button
Für Ex-Weltmeister Jenson Button vielleicht schon ein entscheidendes Manöver mit weiteren Auswirkungen: "Er hatte den richtigen Bremspunkt erwischt. Und er hatte das nötige Selbstvertrauen, um einzulenken und zu wissen, dass sie ihn nicht von hinten angreifen werden, um Lewis ein wenig Platz zu verschaffen. Das war ein großartiger Schachzug und könnte ein entscheidender Punkt in diesem Titelkampf sein."
Auch Glock glaubt an die psychologische Wirkung - daran, dass solche Aktionen beim Gegner Spuren hinterlassen können. "Es war auf jeden Fall ein absolutes Ausrufezeichen im WM-Kampf."
Vergleiche mit Michael Schumacher
Formel-1-Sportchef Ross Brawn vergleicht Verstappen in Vorgehen und Arbeitsweise schon mit seinem früheren Schützling Michael Schumacher. Denn Red-Bull-Teamchef Christian Horner hatte nach dem Rennen gesagt, dass sich Max viel Zeit genommen habe, um mögliche Strategien am Start durchzugehen.
´"Das erinnert mich daran, wie Michael am Donnerstag vor einem Rennwochenende lange Zeit auf der Strecke unterwegs war", so Horner: "Er sah sich die Kurven an und prüfte die Ausweichmöglichkeiten, falls etwas schief gehen sollte. Er wusste dann, ob man aus einem mutigen Manöver sicher rauskommen kann, und war dann zuversichtlicher, dieses Manöver auch zu probieren. Max hat das in Mexiko wohl genauso gemacht."
Verstappen mit vorsichtiger Prognose
Der so Hochgelobte selbst will freilich von Euphorie noch nichts wissen, sondern ist auch vor Brasilien noch ein bisschen vorsichtig: "Man darf nichts als selbstverständlich voraussetzen", sagt er denen, die jetzt wie selbstverständlich den nächsten Sieg erwarten: "Es schaut im Moment gut sein, aber ich bin lange genug in diesem Geschäft, um zu wissen, das kann sich sehr schnell wieder ändern."