Formel-1-Weltmeisterschaft:Max Verstappen - Champion und Nationalheld
von Karin Sturm
09.10.2022 | 11:34
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Max Verstappen hat schon vor dem Formel-1-Saisonende den zweiten WM-Titel in Folge in der Tasche – was macht ihn so stark? Ein Porträt.
Max Verstappen
Quelle: Toru Hanai/ap
Er wusste es erst selbst nicht, auch bei Red Bull war man sich nicht sicher: Ist Max Verstappen jetzt zum zweiten Mal Weltmeister oder nicht? Denn eigentlich waren alle davon ausgegangen, dass es im Regenchaos von Suzuka angesichts von nicht 75 Prozent gefahrener Renndistanz keine vollen Punkte geben würde. Auch Red-Bull-Motorsportkoordinator Dr. Helmut Marko gab zu: "Ich war völlig überrascht, auch unsere Strategen haben gedacht, dass es uns ein Punkt fehlt." Doch eine vorher fast völlig unbekannte Klausel im Reglement sorgte dafür dass es volle Punkte gab – wenn ein Rennen wieder aufgenommen wurde und nur auf Grund des Zeitlimits früher beendet wird, gilt die 75-Prozent-Regel nicht.
So oder so – wie sehr er den Titel verdient, bewies der gerade mal 25-Jährige auch in Suzuka: Schon beim ersten Start vor dem Abbruch zwar nicht optimal weggekommen, dann aber mit einem "außerirdischen Manöver", so Marko, wieder an Charles Leclerc außen vorbei gefahren, dann im Rennen im Nassen in einer eigenen Welt, 25 Sekunden Vorsprung auf alle anderen herausgefahren: Max Verstappen bewies in dieser Saison, dass er auf dem Weg dazu ist, sich in die Liste der ganz, ganz Großen in der Königsklasse des Motorsports einzureihen.
Verstappen auf den Spuren von Senna und Schumacher
Nico Rosberg, der Weltmeister von 2016, sieht das auf jeden Fall so:
Wenn Max in dieser Form weiterfährt und wenn das Auto von Red Bull Racing weiterhin so schnell ist, dann ist für mich nicht ausgeschlossen, dass Max in die Nähe von Lewis Hamiltons Rekorden kommen wird.
Nico Rosberg, Formel-1-Weltmeister von 2016
Was dafür entscheidend gewesen sei: "Max hat die ganzen Fehler ausgemerzt, die er in den ersten Jahren seiner Karriere gemacht hat. Er hat ein klein wenig Aggressivität raus genommen. Das war zuvor in den Karrieren von Ayrton Senna und Michael Schumacher recht ähnlich."
Die beeindruckendste Vorstellung der Saison lieferte er vielleicht in Spa, als er nach einer Motorenstrafe vom 14. Startplatz aus zu einem überlegenen Sieg fuhr. "Insgesamt vielleicht schon das bisher dominanteste Formel-1-Wochenende meiner Karriere"- zu dieser Beschreibung seiner Traumvorstellung in Spa ließ er sich dort hinreißen. Und die Konkurrenz war fasziniert und verängstigt zugleich: "Max war heute auf einem anderen Planeten – er hat nur mit uns gespielt", stellte sein Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez fest.
Leistung mit Leichtigkeit
Mercedes-Teamchef Toto Wolff konnte nur gleichzeitig staunen und sich Sorgen für die Zukunft machen:
Was wir da heute gesehen haben, das ist geradezu beängstigend für alle anderen mit Blick darauf, was uns da in nächster Zeit noch erwartet.
Toto Wolff, Mercedes-Teamchef
Red-Bull-Motorsportkoordinator Dr. Helmut Marko sieht das Geheimnis hinter der Dominanz seines Schützlings in "einer enormen Leichtigkeit, mit der er momentan diese Leistungen bringt. Er fährt auf seinem absoluten Top-Niveau. Das, was wir da sehen, ist eine Kombination aus Selbstbewusstsein und fahrerischer Klasse von Verstappen, Honda-Motor und einem Chassis, das wir immer besser verstehen und das immer näher ans Gewicht-Limit kommt."
Mehr Sicherheit, mehr Selbstbewusstsein
Auch die mentale Seite spielt dabei eine sehr wichtige Rolle: "Nach seinem WM-Titel von 2021 ist Max jetzt viel entspannter, er muss sich selbst nichts mehr beweisen und anderen erst recht nicht", hatte Dr. Marko schon vor Saisonbeginn festgestellt. Hinzu kam ein Bolide, der ihm liegt und die Zuversicht aus einem anwachsenden Vorsprung. Und natürlich die Hauptkonkurrenten Ferrari und Charles Leclerc, die sich Schnitzer leisteten.
Kein Vergleich mehr zu dem ganz jungen Max Verstappen, der zwar immer schon diesen unglaublichen Speed hatte, der ihn so besonders macht, der sich aber unter Druck immer wieder Ausrutscher und auch über-aggressive Aktionen leistete. 2022 befand und befindet er sich in einem Kreislauf, der sich immer weiter positiv verstärkte.
Kein Vergleich mehr zu dem ganz jungen Max Verstappen, der zwar immer schon diesen unglaublichen Speed hatte, der ihn so besonders macht, der sich aber unter Druck immer wieder Ausrutscher und auch über-aggressive Aktionen leistete. 2022 befand und befindet er sich in einem Kreislauf, der sich immer weiter positiv verstärkte.
Nationalheld in den Niederlanden
In seiner niederländischen Heimat, wo er kürzlich mit dem zweithöchsten Orden des Landes ausgezeichnet wurde, ist er jetzt schon ein Nationalheld. Der Formel-1-Boom, den er dort ausgelöst hat, ist vergleichbar mit dem Michael-Schumacher-Boom in Deutschland, der zu Beginn der Neunziger in Deutschland begann und fast zwei Jahrzehnte anhielt. Seine Fanmassen, die "Orange Army", füllten nicht nur bei seinem Heimrennen in Zandvoort die 100.000 Tribünenplätze, sondern treten mittlerweile auch in Österreich, Ungarn oder Belgien in mindestens 30.000- bis 40.000-Mann-Stärke auf.
Eines hat Verstappen, der ja als das große Wunderkind schon mit 17 Jahren in die Formel 1 kam, aber schon mehrfach deutlich gemacht: So lange wie ein Schumacher oder auch ein Alonso will er wohl nicht fahren: "Mit 40 sehe ich mich nicht mehr in einem Formel-1-Auto!"
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