Frauen-Bundesliga startet: Werbung für "ehrlichen Fußball"
Frauen-Bundesliga startet:Werbung für den "ehrlichen Fußball"
von Frank Hellmann
16.09.2022 | 06:51
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Im Eröffnungsspiel der Frauen-Bundesliga zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München soll der Besucherrekord fallen. Titelfavorit ist - wie immer - der VfL Wolfsburg.
Der VfL Wolfsburg ist auch wegen dreier Top-Neuzugänge wieder Favorit. Hier feiern Alexandra Popp (links) und Sandra Starke die Meisterschaft 2022.
Quelle: Christian Modla/dpa
Auf den großen Parkplatz vor der Frankfurter Arena strömen derzeit täglich Menschen in Dirndl, Lederhose und Janker, um sich beim Frankfurter Oktoberfest zu vergnügen. So werden sich am frühen Freitagabend Feiervolk und Fußballfans auf den Zuwegen unweigerlich begegnen, da das Eröffnungsspiel der Frauen-Bundesliga zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München (Anstoß 19.15 Uhr) ansteht.
Frauenfußball ohne "Schnickschnack"
Die hessischen Gastgeber verbreiten ein Hochgefühl, fast wie aus einem stimmungsvollen Bierzelt mit bayerischer Blasmusik. "Jede von uns freut sich, bei Flutlicht in diesem Stadion spielen zu dürfen. Das wird ein Mega-Erlebnis", sagt Eintracht-Kapitänin Tanja Pawollek.
Die 23-Jährige hat gute Argumente, wenn sie die Werbetrommel für den Frauenfußball rührt: "Wir haben den ehrlichen Fußball. Kein Schnickschnack. Wir spielen Fußball aus Liebe zum Sport, es ist noch nicht so viel Geld im Spiel." Mit Schauspielerei hielten sich die Frauen im Gegensatz zu den Männer zurück, sagt Pawollek:
Man liegt am Boden und steht wieder auf.
Tanja Pawollek
Mehr als 20.000 Fans zum Eröffnungsspiel erwartet
Mit dem Bundesliga-Startschuss soll der bei der Frauen-EM in England von den deutschen Fußballerinnen entfachte Hype erstmals in den Liga-Alltag transportiert werden. Eintracht Frankfurt kündigt eine "geschichtsträchtige Kulisse" an, die bei mehr als 20.000 Fans liegen soll.
Die alte Rekordmarke steht bei 12.464 Zuschauern, die beim VfL Wolfsburg am letzten Spieltag der Saison 2013/2014 gegen den Eintracht-Vorgängerverein 1. FFC Frankfurt sahen, wie Alexandra Popp mit einem Kopfballtor in letzter Minute die Meisterschaft zugunsten des VfL entschied.
Über Highlight-Spiele in den Männer-Arenen soll der seit Jahren stagnierende Zuschauerschnitt steigen. Zuletzt lag der bei knapp über 800, genauso wenig wie vor 13 Jahren. Ein Strategiepapier, eine Digitaloffensive und ein Ticketportal sollen helfen, das von Siegfried Dietrich, Eintracht-Sportdirektor und Sprecher der Frauen-Bundesligen, proklamierte "neue Wahrnehmungszeitalter" einzuläuten.
VfL Wolfsburg wieder der Topfavorit
Weil sich die Lizenzvereine ein ganz unterschiedliches Investment in ihre Frauen-Abteilung leisten, kommt eine Drei-Klassen-Gesellschaft zustande. Der Topfavorit auf die Meisterschaft ist wieder Titelverteidiger VfL Wolfsburg, zumal mit Torhüterin Merle Frohms, Abwehrspielerin Marina Hegering und Toptalent Jule Brand gleich drei Nationalspielerinnen zum Doublesieger wechselten.
Beim FC Bayern wirken die verspielten Titelchancen nach, die Trainer Jens Scheuer den Job kosteten, den nun der Norweger Alexander Straus übernommen hat. Dauerhaft geben sich die Fußball-Bosse in München nicht mit zweiten Plätzen zufrieden.
Um den für den zur Champions-League-Qualifikation berechtigenden dritten Rang balgen sich neben Frankfurt (ist auf dem Weg in die Gruppenphase in diesem Sommer schon gescheitert) vor allem die TSG Hoffenheim mit der österreichischen Topstürmerin Nicole Billa. Vielleicht auch der SC Freiburg, 1. FC Köln und Bayer Leverkusen.
Schwerer Stand für SGS Essen und Turbine Potsdam
Der Rest in der Frauen-Bundesliga spielt gegen den Abstieg, wobei es neben Werder Bremen, SGS Essen und Turbine Potsdam auch die Aufsteiger MSV Duisburg und SV Meppen ganz schwer haben dürften. Trotzdem beteuert Frankfurts Trainer Arnautis: "Ich kenne keine Liga in der Welt, die eine so starke Breite besitzt."
Vollprofitum nicht die Regel
Quelle: dpa
Männerrolle: Alexandra Popp bei der EM (Foto: dpa)
Dass die Spielerinnen aller zwölf Bundesliga-Klubs unter professionellen Bedingungen spielen, ist immer noch nicht der Fall. Das Vollprofitum ist in der Frauen-Bundsliga noch nicht angekommen. Daher ist bei den Protagonisten auch zuerst die Forderung nach Equal Play zu vernehmen – von Equal Pay spricht eigentlich keiner.
EM-Star Alexandra Popp gilt nach ihrer Vertragsverlängerung beim VfL Wolfsburg bei rund 15.000 Euro Monatsgehalt als Topverdienerin. Die meisten Nationalspielerinnen bekommen bereits fünfstellige Monatsgehälter. Die Kluft zu denjenigen, die nebenbei studieren oder arbeiten und nur wenige Hunderte Euro Aufwandsentschädigung erhalten, wächst damit weiter.
Keine deutsche Nationalspielerin ist ins Europameister-Land England gewechselt, dafür zog es mit Mittelfeldspielerin Georgia Stanway von der Insel nach München. "Diese Liga passt zu meinem Spielstil, das Team begeistert mich“, sagt die 23-Jährige: "Ich habe jede Sekunde in den letzten fünf Wochen genossen." Dabei war die Engländerin noch nicht einmal auf dem richtigen Oktoberfest. Das beginnt in München erst am Samstag.