Die jüngsten Erfolge bei der EM in England machen den deutschen Fußballerinnen einmal mehr Hoffnung auf einen Aufschwung im eigenen Land. Den warmen Worten sollen nun Taten folgen.
Ihren Job zwischen den beiden Fußballpfosten verrichtete Merle Frohms in den letzten zwei Jahren in Frankfurt.
Automatisch darin inklusive: Die Nähe zum Männerteam der Eintracht, das mit seinem Triumph in der Europa League im Frühjahr den gesamten Kontinent zum Staunen brachte.
Selbstbewusst zurück von der britischen Insel
Etwas gestaunt haben dürfte nun auch Frankfurts Cupgewinner-Coach Oliver Glasner – bei seinem Auftritt im "aktuellen sportstudio". Da saß die Torhüterin Frohms neben ihm, erzählte, dass Eintrachts Fußballerinnen in der jüngeren Vergangenheit auch schon mal das Trainingsgelände der Männer nutzen durften. Ehe die 27-Jährige salopp hinterher schob: "Es hätte vielleicht noch ein bisschen öfter sein können."
In diesem Satz schwang auch das Selbstbewusstsein mit, das Deutschlands Fußballerinnen von der britischen Insel mit nach Hause gebracht haben. Die EM in England gilt trotz der Finalniederlage vor einer Woche gegen die Gastgeberinnen als großer Erfolg für die DFB-Auswahl: 18 Millionen TV-Zuschauer verfolgten das Endspiel in Wembley. Und auf dieser Sympathiewelle wollen die Frauen jetzt weitersurfen.
Die deutschen EM-Finalistinnen werden offiziell in Frankfurt auf dem Römer begrüßt. Die englische Elf hat den Bann gebrochen und den Titel geholt. England ist im Freudentaumel.
Schöne Leckerbissen warten
Die nächsten, vereinzelten Highlights sind dabei schon festgezurrt: Zum Bundesligastart am 16. September treffen, wie bereits beim Auftakt der Männer am Freitag, Frankfurt und der FC Bayern in der WM-Arena von 2006 aufeinander. Und das erste Heimspiel des DFB-Teams nach der EM, am 7. Oktober in Dresden gegen Frankreich, wird zur Primetime angepfiffen und live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen.
Das sind schöne Leckerbissen – doch mit dem Schwung vom kontinentalen Turnier im Rücken wollen Deutschlands Fußballerinnen mehr. Und sie werden lauter dabei. "Wir haben die Leute bei der EM wirklich mitgenommen", sagt Martina Voss-Tecklenburg – und macht sich deshalb für eine entsprechende Würdigung ihrer Protagonistinnen stark.
Chancengleichheit und Akzeptanz gefordert
So fordert die Bundestrainerin Grundgehälter in der Bundesliga, wo über 50 Prozent der Spielerinnen neben dem Fußball noch arbeiten gehen müssen, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Sie wirbt für gleiche Chancen für männliche und weibliche Talente, speziell beim Zugang zu Nachwuchsleistungszentren. Und sie will "Anstoßzeiten zur Primetime, auch in der Liga".
Mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz für die Frauen in der Fußballbranche wünscht sich Keeperin Frohms, die zur neuen Saison zu Double-Gewinner Wolfsburg zurückkehrt. "Die Vereine müssen uns unterstützen, Werbung für unsere Spiele machen, die Stadien voll kriegen", findet die gebürtige Niedersächsin.
Weniger für die Männer, mehr für die Frauen
Das sei eine Chance, "die die Vereine einfach verpassen", bemängelt Voss-Tecklenburg – die zudem dem DFB auf den Zahn fühlt. In punkto Prämien. Da dürfe es für WM- oder EM-Titel für beide Geschlechter in Zukunft gerne die gleiche Summe geben – und zwar so: "Bei den Männern bitte ein bisschen weniger, bei uns ein bisschen mehr."
Bundeskanzler Olaf Scholz, der während der EM-Vorrunde via Twitter gleiche Bezahlung für Frauen und Männer im Sport – speziell in Nationalteams – forderte, ist am Dienstag beim DFB in Frankfurt zu Besuch. Zudem hat er die Nationalspielerinnen und die Bundestrainerin zu einem Treffen ins Kanzleramt eingeladen.
Botschaft an die Politik
Ein passender Termin hierfür muss noch gefunden werden. Aber eine Botschaft an die Politik hat Martina Voss-Tecklenburg jetzt schon parat.
"Das ist", betont die 54-Jährige, "ein Auftrag für den gesamten Sport. Dieses erste Treffen ist toll. Aber dann müssen wir auch etwas daraus machen – nicht nur reden."
- Fünf deutsche Spielerinnen in EM-Auswahl
Die UEFA hat nach der Fußball-EM fünf deutsche Spielerinnen in die Elf des Turniers gewählt. Von den Europameisterinnen aus England schafften es vier Spielerinnen in die Auswahl.