Bereits zum vierten Mal stehen sich im Finale der Women’s Champions League der VfL Wolfsburg und Olympique Lyon gegenüber. Der Vergleich spricht für das französische Starensemble.
An Zuversicht mangelt es dem VfL Wolfsburg vor dem Finale der Women’s Champions League gegen Olympique Lyon (heute, 20 Uhr) nicht. Sportdirektor Ralf Kellermann glaubt: „Wir haben eine große Chance. Wir können mit dem zweiten Triple Geschichte schreiben.“ Wie bereits die Männer des FC Bayern können die "Wölfinnen" ihr Triple aus 2013 in diesem Corona-Sommer 2020 wiederholen. Welche Faktoren spielen eine Rolle?
Die Historie
Vor sieben Jahren bezwang Wolfsburg sensationell den Topfavoriten Lyon an der Stamford Bridge. Nationalmannschaftskapitänin Alexandra Popp spielte damals Linksverteidigerin, Martina Müller verwandelte einen Handelfmeter zum 1:0. Nun kommt es im spanischen San Sebastian zum vierten Mal zu dieser Endspielkonstellation.
Zwei Mal hat der VfL im Finale nach 2013 gegen "OL" den Kürzeren gezogen – 2016 in Reggio Emilia im Elfmeterschießen, 2018 in Kiew in der Verlängerung. 2017 und im vergangenen Jahr setzten die "Fenottes" jeweils im Viertelfinale das Stoppschild, können jetzt zum fünften Mal die weibliche Königsklasse gewinnen.
Vorteil Lyon
Lyon im Halbfinale gegen Paris Saint-Germain
Die Kader
Beide Aufgebote sind mit Nationalspielerinnen gespickt. Wolfsburg hat diesen Sommer Kathrin Hendrich (FC Bayern), Lena Oberdorf und Lea Schüller (SGS Essen) verpflichtet, allerdings mit der Isländerin Sara Björk Gunnarsdottir eine wichtige Stammkraft ausgerechnet an Lyon verloren. Die Partie könnte die letzte von Top-Stürmerin Pernille Harder im VfL-Trikot sein, die vor einem Transfer zum FC Chelsea stehen soll.
Die Dichte prominenter Fußballerinnen ist beim französischen Serienmeister groß: Extra für dieses Endturnier wurden Verträge unter anderem mit der englischen Weltklasseverteidigerin Lucy Bronze verlängert. Torhüterin Sarah Bouhaddi, Abwehrchefin Wendie Renard oder Stürmerin Amel Majri sind Stützen im französischen Nationalteam. Norwegens Weltklassestürmerin Ada Hegerberg kuriert eine Kreuzbandverletzung aus.
Vorteil Lyon
Die Trainer
Stephan Lerch übernahm 2017 das Amt seines erfolgreichen Vorgängers Ralf Kellermann. Drei Mal in Folge gewann Wolfsburg unter seiner Regie das Double. Lerch steht für eine sachliche Art. Der 36-Jährige fordert, dass sein Team am Sonntag wieder sein „wahres Gesicht zeigen muss, dann haben wir auch eine Chance“. Dazu bedarf es bei dem Geisterfinale im Baskenland aber eines couragierten Auftritts mit viel Mut und Leidenschaft. Lerch selbst hört 2021 auf und strebt offenbar ein Engagement im Männerfußball an.
Sein Gegenüber Jean-Luc Vasseur war in den 80er- und 90er-Jahren Spieler bei Paris Saint-Germain, Stade Rennes oder AS Saint Etienne. Später arbeitete er als Cheftrainer u.a. in der Ligue 1 der Männer bei Stade Reims. Der 51-Jährige übernahm erst vergangenen Sommer die Olympique-Frauen. Die wackligen Auftritte zuletzt werden auch ihm angelastet. Bei seiner Vorstellung sagte Vasseur: „Die Messlatte ist hoch, aber ich akzeptiere sie, weil das Gewinnen in der DNA des Klubs liegt.“
Vorteil Wolfsburg
Die Unterstützung
Das Wolfsburger Triple 2013 diente als eine Art Startsignal. „Die Mannschaft ist immer sportlich in Vorleistung getreten, und der Verein hat mit seiner Unterstützung nachgezogen“, erinnert Sportdirektor Kellermann. Inzwischen sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Fußball GmbH, die zu 100 Prozent dem Autobauer VW gehört, so gut, dass der VfL gemeinsam mit dem FC Bayern die Frauen-Bundesliga dominiert.
In Lyon wird der Frauenfußball dank Präsident Jean-Michel Aulas seit Jahren voller Überzeugung gefördert, der Etat auf rund neun Millionen Euro geschätzt. Die deutsche Spielmacherin Dzsenifer Marozsan wird nach ihrer Vertragsverlängerung bei fast 500.000 Euro Jahresverdienst veranschlagt. Wenn sich das Ensemble den Henkelpott holt, könnte Aulas die Spielerinnen wie früher schon auf seine Yacht in St. Tropez einladen.
Vorteil Lyon
Fazit
Olympique Lyon befindet sich in der Favoritenrolle, hat allerdings schon im Viertelfinale gegen den FC Bayern (2:1) und Halbfinale gegen Paris Saint-Germain (1:0) viel Mühe gehabt. So könnte auch das Finale verlaufen.