Testspiel heute live im ZDF:Luxusproblem im Tor der DFB-Frauen
von Frank Hellmann
24.06.2022 | 09:53
|
Merle Frohms hat im Duell mit Almuth Schult um den Platz im Tor der deutschen Fußballfrauen die Nase vorne. Auch bei der EM-Generalprobe gegen die Schweiz soll sie spielen.
Merle Frohms im Trikot der deutschen Nationalelf.
Bei den Trainingseinheiten im Adi-Dassler-Stadion von Herzogenaurach sind Merle Frohms, Almuth Schult und Ann-Katrin Berger unschwer zu identifizieren. Die deutschen Torhüterinnen tragen nämlich nicht mintgrüne Shirts wie die Feldspielerinnen, sondern grasgrüne.
Beobachter könnten fast auf die Idee kommen, dahinter verberge sich eine Tarnfarbe. Dabei hat die Frauen-Auswahl genau wie das Männer-Team auf dieser Position viel vorzuzeigen - und damit ein Luxusproblem.
Im letzten Testspiel vor der EM in England trafen die deutschen Fußball-Frauen in Erfurt auf die Schweiz. Hier das Spiel in voller Länge. Reporterin: Claudia Neumann.
Frohms und Schult spielten starke Saison
Torhüterin Frohms hat entscheidend dazu beigetragen, dass Eintracht Frankfurt in der Bundesliga noch auf den dritten Champions-League-Platz gesprungen ist. Almuth Schult hat beim VfL Wolfsburg mitgeholfen, wieder das Double an den Mittellandkanal zu holen.
Überdies verhinderte sie im Champions-League-Halbfinalhinspiel beim FC Barcelona (1:5) mit Prachtparaden vor mehr als 90.000 Zuschauern im Stadion Camp Nou eine noch höhere Pleite.
Bundestrainerin legt sich fest: Frohms ist die Nummer eins
Die weitaus größere internationale Erfahrung im Vergleich zu ihrer Konkurrentin wird der mit Abstand meinungsstärksten Persönlichkeit der DFB-Frauen derweil nicht viel nützen: Frohms bleibt die Nummer eins. Das ist seit Ende Mai von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg klar kommuniziert.
Das stärkt natürlich ungemein, wenn man einfach spürt, dass die Trainerin einem vertraut.
Merle Frohms
Bei der EM-Generalprobe gegen die Schweiz am Freitag in Erfurt (ab 17 Uhr live im ZDF) steht die 27-jährige Frohms vor ihrem 27. Länderspiel.
Schult will sich noch nicht geschlagen geben
Schult hat an der Rückversetzung zu knabbern, das war beim Medientag am Sitz des DFB-Ausrüsters deutlich herauszuhören. "Ich habe es auch sehr kurzfristig erfahren, war in dem Moment nicht darauf vorbereitet, aber es ist in Ordnung", so die 31-Jährige. "Die Trainerin sieht es halt als ihre bestmögliche Lösung momentan."
Allein dieser Zusatz verdeutlich, wie sehr Schult noch auf eine Statusänderung hofft. Der Druck auf Frohms wird dadurch nicht eben geringer.
In ihrem letzten EM-Trainingslager will die deutsche Frauen-Nationalmannschaft weiter zusammenwachsen. Das Team wirkt ein bisschen wie eine Wundertüte.
von Frank Hellmann
Kein Streit zwischen den Pfosten
Dennoch kann von einem Streit zwischen den Pfosten keine Rede sein. Im Gegenteil: Aus gemeinsamen Wolfsburger Zeiten schätzen sich Frohms und Schult. Auch wenn sie völlig unterschiedliche Typen sind, haben sie sich privat oft unterstützt.
Vor vier Jahren wechselte die der Reservistenrolle überdrüssige Frohms zum SC Freiburg, nun beerbt sie in der Autostadt die nach der EM in den USA spielende Schult.
Rottenberg und Angerer haben Maßstäbe gesetzt
Im Grunde vollzieht sich eine Wachablösung also in Verein und Nationalmannschaft. Kapitänin Alexandra Popp hatte kürzlich angemerkt, dass ihr um dieses Duell zu "viel Trara" gemacht. Aber es ist nun einmal so, dass die deutsche Frauen-Nationalmannschaft für Titelgewinne tüchtige Torhüterinnen brauchte.
Silke Rottenberg und Nadine Angerer haben mit ihrer Athletik und Aura bei den WM-Triumphen 2003 und 2007 jede für sich internationale Maßstäbe gesetzt. Diese Messlatte sollte niemand bei Frohms anlegen, aber bei nüchterner Betrachtung ist ihre Bevorzugung jetzt nachvollziehbar.
Gegen Dänemark und Spanien bei der Euro
Cheftrainerin Voss-Tecklenburg war sich in Absprache mit Torwarttrainer Michael Fuchs schnell einig, ihre Entwicklung in den vergangenen drei Jahren zu belohnen. Einen starken Rückhalt wird es brauchen, wenn es für den achtfachen Europameister in der Gruppe mit Dänemark (8. Juli), Spanien (12. Juli) und Finnland (16. Juli) ums Weiterkommen geht.
Es ist menschlich verständlich, dass Schult sich nichts sehnlicher gewünscht hätte, als Zwillingsmama auf dieser Bühne mitzumachen. Nur ist es eben auch ein bisschen Pech, dass sie ihren zugesicherten Einsatz im April beim WM-Qualifikationsspiel gegen Serbien (2:3) wegen Schulterproblemen absagen musste.
Kommt noch das 65. Länderspiel für Schult?
Ihr letzter Einsatz im DFB-Team bleibt bislang das WM-Viertelfinal-Aus gegen Schweden am 29. Juni 2019. Es müssen schon außergewöhnliche Umstände greifen, damit die Vorkämpferin des deutschen Frauenfußballs in diesem Turniersommer ihr 65. Länderspiel macht.