Traditionsklub am Abgrund: Warum steckt Schalke im Keller?

Vom Aufstieg hat bei Schalke 04 vor dieser Saison kaum jemand geredet. Die Fans wurden auf eine Entwicklungssaison vorbereitet, in der die Mannschaft langsam wieder an höhere Ziele herangeführt werden soll. Doch nicht einmal das scheint zu klappen: Mitte der Hinrunde steckt die Mannschaft wieder einmal voll im Abstiegskampf.

Einer, der diese Situation gut kennt, ist Ex-Trainer Peter Neururer, der hier einst ebenfalls auf dem drittletzten Platz der 2. Liga als Feuerwehrmann engagiert wurde. Das ist zwar schon über 35 Jahre her, aber das Schicksal der Königsblauen bewegt Neururer immer noch.

Er vermisst vor allem Typen, die "etwas nach außen hin verkörpern" und die das Publikum mitnehmen. "Da haben wir im Augenblick keine Persönlichkeit in dieser Mannschaft", sagt Neururer im Bolzplatz.

Um zumindest außerhalb der Mannschaft eine Identifikationsfigur aufbieten zu können, wurde gerade Ex-Spieler Youri Mulder als Sportdirektor verpflichtet.

Neururer hält Mulders Verpflichtung für eine Promotion-Aktion. "Typisch für Schalke 04 im Augenblick: kurz vor der Jahreshauptversammlung hole ich den alten Helden zurück", sagt er und fügt mit mehr als einem Schuss Ironie hinzu: "Seine rechte Hand müsste dann Olaf Thon werden. Dann würde alles passen."

Ähnlich kritisch beurteilt Neururer die Besetzung der Position des Kaderplaners. Die hat seit Mai dieses Jahres Ben Manga inne, der als Scout und sportlich Verantwortlicher in vielen Vereinen und auf vielen Ebenen "Großartiges geleistet" hat, so Neururer. "Aber auf dieser Ebene, auf der sich Schalke 04 im Augenblick bewegt, hat er leider null Einfluss, null Kenntnis und auch kein Netzwerk."

Manga hat vor dieser Saison 15 neue Spieler geholt, die Trainer Kees van Wonderen zu einem schlagkräftigen Team zusammenfügen soll - eine Aufgabe, an der sein gemeinsam mit Sportdirektor Marc Wilmots im September entlassener Vorgänger Karel Geraerts gescheitert war.

Mit einem Punkt aus vier Pflichtspielen ist dies auch von Wonderen bislang nicht gelungen, was bereits erste Zweifel an seiner Eignung für diesen Job nährt.

"Man hat den Eindruck, dass er der Mannschaft etwas genommen hat, dass diese Mannschaft völlig raus ist", so große Schlarmann.

Dass der bei Trainerwechseln meist beschworene "neue Impuls" bei Schalke ausbleibt, ist nicht neu. "Grundsätzlich sind alle Trainer am gleichen Punkt gescheitert", sagt Youtuber Simon Schildgen, alias GamerBrother. "Und zwar, dass Schalke Zeit braucht, um etwas Neues aufzubauen, die Zeit aber einfach gerade in den letzten Jahren mit dem Schuldenberg nicht da ist.“

Vier Cheftrainer und zwei Interimstrainer seit dem Wiederaufstieg 2022 legen den Blick frei auf das Hauptproblem bei Schalke 04: fehlende Kontinuität. Schildgen sieht aber noch einen anderen entscheidenden Mangel: "Dieses ganze Gebilde Schalke 04 ist in den letzten Jahren zu so einem fragilen Etwas geworden ist, dass die Leute eher Angst davor haben, Fehler zu machen, als den Mut zum Risiko haben, irgendwas Besonderes zu kreieren."

Etwas Besonderes sind nach wie vor die Fans, die trotz sportlicher Misere bei jedem Heimspiel für eine volle Hütte und im Augenblick wohl auch für den letzten Hoffnungsschimmer auf Schalke sorgen.

"Man darf die Power und Leidenschaft, die auf Schalke herrscht, nicht unterschätzen", sagt Bolzplatz-Moderator Conan Furlong. "Und auch wenn es lange dauern könnte: ein Comeback ist möglich."