Fußball-Bundesliga: Mats Hummels im zweiten Frühling

Für den Boulevard war das ein tolles Geschenk: Mats Hummels und BVB-Kapitän Marco Reus im vermeintlichen Zoff bei Manchester City. Noch auf dem Rasen hatten beide über die unglückliche Partie gezetert. Wie heftig der Disput nun wirklich gewesen sei, er verdeutlicht Dreierlei: Hummels' Ehrgeiz ist ungebrochen. Er bleibt einer der Wortführer bei Borussia Dortmund und kann sich die Meinungsstärke auch leisten. Denn er selbst ist in bestechender Form.

Wie wichtig der Routinier für die ambitionierten Westfalen ist, zeigt ein Blick auf die Statistik: Mit Hummels auf dem Feld hat die Borussia in der Bundesliga erst einen Gegentreffer kassiert. Ohne den 33-Jährigen dagegen schon satte neun. Selbst zuletzt beim klaren 4:1-Sieg in Sevilla in der Champions League wirkte die Defensive in seiner Abwesenheit nicht immer sattelfest.

Umso wichtiger, dass der erkältungsgeplagte Hummels rechtzeitig zum Topspiel gegen den FC Bayern (erste Bilder im Free-TV im aktuellen sportstudio) zurückkehrt. Das Prestigeduell mit der besten Offensive der Liga ist für Schwarz-Gelb der ultimative Härtetest. Der Abwehrchef macht dabei den Unterschied. Als jemand, der Defizite anspricht, wird er sowieso gebraucht in Dortmund, das beizeiten zur Selbstgefälligkeit neigt.

Der frisch entfachte Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung mit den Promi-Neuzugängen Nico Schlotterbeck und Niklas Süle hat den Oldie motiviert. Hummels startete topfit in die Saison und mit Ehrgeiz: "Die Situation mit den beiden Jungs, aber eben auch die Tatsache, dass ich selbst etwas beitragen will, war schon ein sehr guter Ansporn", verriet Hummels den "Ruhr Nachrichten".

Während Schlotterbeck nach starkem Start aktuell durchhängt, wie etwa beim Gegentor in Sevilla, kommt Süle gerade erst in Fahrt. Trotz der beiden Hünen bleibt Dortmund anfällig bei Standards und ist auf dem Weg, auch im siebten Jahr in Folge über 40 Gegentore in der Liga zu kassieren.

Hummels dagegen präsentiert sich stabil, mit starken Zweikampfwerten, Top-Passquote und nur wenigen Fehlern. Tempo-Defizite macht er mit Übersicht wett. Die Erfahrung des Weltmeisters von 2014 ist ohnehin kaum zu toppen. Zu alt, zu langsam - diese Pauschalkritik ist verstummt.

Offenbar hat sich Dortmunds Nummer 15 einiges vorgenommen für 2022/23. Mit dem Spaß-Titel Rekord-Derbysieger (10 Erfolge) ist es nicht getan. Auch nicht mit Rang zwei in der Liste der BVB-Rekordspieler, den er Mitte der Rückrunde von Klub-Legende Roman Weidenfeller (453 Einsätze) übernehmen dürfte.

Eine konstant starke Saison, möglichst mit echtem Titel soll her. Dafür hat der 94-Kilo-Brocken sogar die Ernährung umgestellt - mit Hilfe der Expertin Nahni Franke, die auch Sprintstar Gina Lückenkemper berät. Das berichtete "Sport1".

Teamplayer Hummels hat auch sein Spiel verändert. Er hat Schlotterbeck die vertraute linke Seite als Innenverteidiger überlassen, das erleichtert dem Neuen den Einstieg. Im Spielaufbau nimmt er sich zurück. Sein Markenzeichen, der lässig-risikoreiche Außenristpass kommt seltener als früher. Hummels kämpft auch um einen neuen BVB-Vertrag, der aktuelle läuft im Sommer aus.

Vor allem aber spielt Hummels um seine dritte WM-Teilnahme. "Ich bin mir sicher, dass Mats eine große Chance hat, wenn er weiter so spielt", hatte Trainer Terzic nach dessen Gala in Manchester gesagt. Pikant: Die BVB-Kollegen Schlotterbeck und Süle sind auch Konkurrenten im DFB-Dress, was die "Ruhr Nachrichten" zur Schlagzeile inspirierte: "Der Beste im Wartestand".

Ob als Leader oder nur als Backup - in aktueller Form hätte Hummels sicher die Rückkehr in die Nationalmannschaft verdient. Der Bundestrainer steht in engem Kontakt mit dem Routinier. Hansi Flick weiß, was er an Hummels hat, auch wenn dessen letztes Länderspiel über ein Jahr her ist.