In den letzten 13 Jahren schafften es nur drei Zweitligisten nach der Relegation in die 1. Liga. In dieser Saison duelliert sich Hertha mit dem HSV. Doch ist der Modus fair?
Seit Wiedereinführung der Relegation gibt es Diskussionen über Sinnhaftigkeit und Gerechtigkeit der Aufstiegsspiele. Manu Thiele wiegt die Vor- und Nachteile ab.
Es ist nicht so, dass Felix Magath am Samstag zum ersten Mal mit einer Aussage überrascht hätte. Der 68-jährige Trainer von Hertha BSC neigt dazu, die Dinge gegen den Strich zu bürsten. Aber bei diesem Satz fragte sich doch mancher, in welchem Film er sich gerade befindet. "Ich freu mich drauf!“, sagte er nach der 1:2-Niederlage in Dortmund. „Noch mal zwei schöne Spiele, noch mal volle Hütte, noch mal Druck, noch mal Stress. Einfach wunderbar!"
Cash-Kuh oder sportliche Würze?
Kaum zu glauben, dass er damit die beiden Relegationsspiele am Donnerstag und Montag meinte, die darüber entscheiden, ob der selbsternannte Big-City-Club mit Riesenbudget in die 2. Liga absteigt.
Hertha BSC hat einen neuen Trainer: Felix Magath. Er kommt vorzeitig aus dem Ruhestand zurück um die Alte Dame vor dem Abstieg zu retten. Klappt es?
Verständlich ist dagegen die Freude beim HSV über diese Saisonverlängerung – sah es für die Hamburger bis vor kurzem doch noch so aus, als würden sie zum vierten Mal hintereinander selbst diese Chance verpassen, sich noch ins Oberhaus zurückzuspielen.
Beim Thema Relegation scheiden sich nicht nur die Geister der beteiligten Klubs – jedes Jahr um diese Zeit taucht die Frage auf, wie fair dieser Modus nun ist, in dem lediglich zwei Spiele über die Zukunft und möglicherweise sogar die Existenz eines Klubs entscheiden. Sind diese eine reine Cash-Kuh mit sportlich zweifelhaftem Wert – oder geben sie einer Saison erst die richtige Würze zum Schluss obendrauf?
Hamburgs umstrittener Freistoß
Bestes Beispiel für letztes ist das Relegations-Rückspiel vom Hamburger SV in der Saison 2014/15. In der Nachspielzeit erzielte Marcelo Díaz per Freistoß den Ausgleich gegen den Karlsruher SC. Dadurch blieben die Norddeutschen in der Bundesliga. Die Freistoßentscheidung löste allerdings eine Debatte ums Handspiel aus und wurde anschließend kontrover diskutiert.
Seit 13 Jahren wird das letzte Bundesliga-Ticket über die Relegationsspiele ermittelt. Ist das noch fair? Ex-DFL-Vorstandsmitglied Heribert Bruchhagen über Alternativen.
Die Schere wird größer
Statistisch gesehen bevorteilt der Modus die Erstligisten, die sich seit dessen Wiedereinführung in der Saison 2008/2009 zehn von dreizehnmal durchsetzten. Die Schere geht in den letzten Jahren immer weiter auf: von 1982, als die Relegation mit der eingleisigen 2. Liga eingeführt wurde, bis zur zwischenzeitlichen Abschaffung 1991 lautete das Verhältnis noch 7:3.
Einige Zweitligisten traf die Niederlage so stark, dass sie anschließend auch in der zweiten Liga den Boden unter den Füßen verloren. Wie Eintracht Braunschweig, das 2017 nach der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg in der Folgesaison in die 3. Liga abstieg und dort am Ende nur durch das bessere Torverhältnis den gänzlichen Abschied vom Profifußball verhinderte.
Relegation im Rückblick
Jede Menge Zündstoff
Die Relegation zur 1. Liga enthält in dieser Saison besonderen Zündstoff. Es treten nicht nur zwei Traditionsclubs aus den beiden größten deutschen Städte gegeneinander an. Hertha-Trainer Felix Magath ist auch eine Legende beim HSV, seit er 1983 das entscheidende Tor zum Sieg im Europapokal der Landesmeister erzielte.
Wer kann sich retten, wer muss in die Relegation? Lange sieht es gut aus für Hertha BSC, doch in der Nachspielzeit gibt es dann beim VfB Stuttgart kein Halten mehr.
Zudem ist Hertha einer der drei Erstligisten, die in den letzten 13 Jahren in der Relegation unterlagen. 2012 stieg die Hertha bei Fortuna Düsseldorf ab – Trainer war mit Otto Rehhagel wie heute ein als Feuerwehrmann verpflichtetes Urgestein.
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