Matthias Ginter beim SC Freiburg:Raus aus dem Tunnel
von Andreas Morbach
12.08.2022 | 10:37
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Nach acht Jahren im Westen der Republik kehrte Nationalverteidiger Matthias Ginter im Sommer nach Freiburg zurück. Mit dem SC trifft er am Freitagabend auf seinen Ex-Klub Dortmund.
Nach einer enttäuschenden Saison in Mönchengladbach will Matthias Ginter beim SC Freiburg zu alter Stabilität zurückfinden.
Quelle: Imago
Matthias Ginter ist nicht zu überhören. Die orangefarbenen Stollenschuhe des 28-Jährigen klackern vor dem Trainingsgelände des SC Freiburg über den Betonboden. Bis der blonde Innenverteidiger nach einer Viertelstunde alle Autogrammwünsche erfüllt hat und von der Bildfläche verschwindet.
Wiedersehen mit Borussia Dortmund
Bei Christian Streich dauert der Parcours vorbei an den meist jugendlichen Fans deutlich länger. Der charismatische Coach der Breisgauer hält hier ein Schwätzchen, macht dort ein Selfie - und ist auch an diesem Vormittag der mit Abstand gefragteste Protagonist aus dem Freiburger Bundesliga-Ensemble.
Nach einer knappen halben Stunde hat dann auch der redselige Streich (57) das Ende der 60 Meter langen Menschenschlange erreicht - und taucht ab in das Untergeschoss des SC-Stadions. Dort, in der neuen Arena im Norden der Studentenstadt, kommt es für Ginter am Freitagabend in der Bundesliga nun zum Wiedersehen mit seinem Ex-Klub Borussia Dortmund.
Ginters Flexibilität beim BVB zu wenig wertgeschätzt?
Im Sommer 2014 wechselte er aus seiner südbadischen Heimat zum BVB. Der wurde damals noch von Jürgen Klopp gecoacht, der nach dem Einstieg des frischgebackenen Weltmeisters (ohne Einsatz) bei den Schwarz-Gelben scherzte: "Die erste Trainingseinheit und das Mittagessen hat er fehlerfrei überstanden."
Der SC Freiburg geht mit einem dicken Ausrufezeichen in die neue Saison. In Augsburg schießt die Elf von Christian Streich nach der Pause einen klaren 4:0-Erfolg heraus.08.08.2022 | 5:59 min
Drei Jahre später tauschte Ginter die Borussias, ging zur Namenscousine nach Mönchengladbach. Weil er sich in Dortmund, mittlerweile trainiert von Thomas Tuchel, für seine Flexibilität manchmal nicht ausreichend wertgeschätzt gefühlt hatte.
Im Fohlen-Ensemble musste er dann nicht mehr mal auf dieser, mal auf jener Position spielen. Sondern war, abgesehen von kleineren Ausnahmen, stets in der Abwehrzentrale gesetzt.
Selbstkritik nach Wechsel zum SC Freiburg
Dass die guten Jahre am Niederrhein nach einer enttäuschenden letzten Saison dann im Zerwürfnis mit Übungsleiter Adi Hütter und unbedachten Äußerungen seinerseits in einem Fan-Podcast endeten, war für Ginter ungewohnt.
"Das war für mich eine neue Erfahrung mit einem Trainer", sagte er dem "kicker" nach seiner Ankunft beim SC rückblickend - und gab sich selbstkritisch:
Ich habe es nicht geschafft, bei mir zu bleiben und mein Ding durchzuziehen.
Matthias Ginter
Das will er dafür in Freiburg nun wieder machen. Am liebsten bis zum Ende seiner Fußballerlaufbahn.
Längster Urlaub in Ginters Profikarriere
Die Rahmenbedingungen für den Einstieg in seine zweite Schleife beim Sport-Club - die erste dauerte von 2005 bis 2014 - waren dabei schon mal günstig: Ginter hat den längsten Urlaub in seiner Profikarriere hinter sich, sehr zur Freude seines alten und neuen Trainers.
Schließlich hatte Streich bei Ginter im vergangenen Dreivierteljahr eine "mentale Erschöpfung" wahrgenommen. Angesprochen darauf, holt der 46-malige Nationalspieler erst einmal tief Luft, dann bekennt er:
Wenn man in diesem Tunnel, in diesem Trott drin ist, will man sich vielleicht das eine oder andere nicht immer eingestehen. Und so war es bei mir auch.
Matthias Ginter
Für die Nations League nicht berücksichtigt
Im Schatten der Schwarzwaldwipfel will Ginter nun den Weg aus dem Tunnel finden. Beim Ligastart klappte das schon mal prima: Zum klaren 4:0-Erfolg des SC in Augsburg steuerte er einen Treffer bei und strahlte anschließend: "Ich glaube, ich bin der glücklichste Mensch überhaupt - und unfassbar froh, hier zu sein."
Richtig geknickt war der Vater eines zweieinhalbjährigen Jungen dagegen, als ihn Bundestrainer Hansi Flick, der ihm zu seinem Wechsel nach Freiburg zuvor gratuliert hatte, im Juni nicht für die Spiele in der Nations League berücksichtigte.
Letzter Einsatz für DFB-Auswahl neun Monate her
Seinen bislang letzten Einsatz für die DFB-Auswahl hatte Matthias Ginter am 14. November 2021 beim 4:1 in der WM-Qualifikation in Armenien.
Und Partien wie der frühe Liga-Gipfel jetzt gegen Dortmund sind da gerade für ihn hervorragend geeignet, um wieder verstärkt auf sich aufmerksam zu machen.