Borussias Sportchef ist seit zwölf Jahren im Amt, hat gerade den Premieren-Sprung des Klubs ins Achtelfinale der Champions League erlebt – für das er nun einen großen Wunsch hegt.
Max Eberl musste kurz lachen – eine Sekunde, nachdem er eine angebliche Erinnerungslücke vorgegeben hatte. Dass die Gladbacher am 12. Dezember 2010, auf den Tag genau zehn Jahre vor dem jetzigen Auftritt ihres Sportdirektors im "aktuellen sportstudio", ihren letzten Platz in der Bundesliga mit einem 0:3 in Freiburg gefestigt hatten – nein, das sei ihm nicht mehr geläufig. Behauptete Eberl – und prustete im nächsten Augenblick los.
9,5 Millionen Euro gegen den Corona-Schmerz
Natürlich weiß der gebürtige Niederbayer auch, dass die Borussen im Mai 2011 erst in der Relegation gegen Bochum den Gang in die Zweite Liga verhinderten. Trainer war der dreieinhalb Monate zuvor verpflichtete Lucien Favre, der den Rautenklub dann binnen vier Jahren von ganz unten bis in die Königsklasse führte. Und weitere fünf Jahre später gelang Gladbach, bei der dritten Teilnahme an der Champions League, nun erstmals der Sprung ins Achtelfinale.
Ein gewaltiger Hopser für den stets mit wirtschaftlichem Augenmaß agierenden Klub – den Borussias Drahtzieher speziell in diesem Jahr der Corona-Pandemie sehr gut brauchen können. 9,5 Millionen gab es von der Uefa für den Einzug in die K.-o.-Runde. "Damit konnten wir extrem viel Schmerz lindern", betont Eberl – der für seine zwölfjährige Amtszeit bei Borussia eine Art Geburtsstunde in Sachen Finanzen ausgemacht hat.
Mit Marko Marin fing alles an
Im Sommer 2009 wechselte das damalige Toptalent Marko Marin für 8,5 Millionen Euro von Gladbach nach Bremen. "Mit diesem Geld haben wir uns wie auf einer Treppe peu à peu nach oben gearbeitet", skizziert Eberl (47) die Entwicklung des fünfmaligen deutschen Meisters in der zurückliegenden Dekade.
Sportliche Aderlässe wie die Verkäufe von Marco Reus, Granit Xhaka oder Thorgan Hazard konnte der Verein immer wieder ausgleichen. Und vor dieser Saison nun auch zum ersten Mal seit langer Zeit alle Leistungsträger halten.
Früher Hannover, heute internationale Top-Klubs
Von den aktuellen Top-Akteuren stehen vor allem die Innenverteidiger Nico Elvedi und Matthias Ginter, Mittelfeldkraft Denis Zakaria sowie die französischen Angreifer Alassane Plea und Marcus Thuram bei nationalen und internationalen Spitzenklubs hoch im Kurs. Ebenso wie Chefcoach Marco Rose, auf den die Dortmunder, derzeit von Lucien Favre trainiert, ein Auge geworfen haben sollen.
"Ein bisschen größer" als Gladbach sei der BVB noch, sagt Eberl – der das heutige Selbstverständnis seines Arbeitgebers so beschreibt: "Als ich anfing, mussten wir Angst haben, dass Hannover und Stuttgart uns Spieler oder vielleicht auch Trainer abwerben. Und heute rede ich da eben von Top-Vereinen, sowohl national als auch international."
Zwei Endspiele und ein Halbfinale verloren
In punkto Europa ist der nächste wichtige Termin die Auslosung der Achtelfinals in der Champions League am Montag. In der Gruppenphase bekam Roses Ensemble mit Real Madrid und Inter Mailand bereits zwei Klubs serviert, die gemeinsam mit den Borussen Europacup-Geschichte geschrieben haben. Die logische Fortsetzung wäre nun der FC Liverpool.
1973 triumphierten die "Reds", deren Cheftrainer Jürgen Klopp mit dem VfL-Kollegen Rose befreundet ist, in den beiden Finals des Uefa-Pokals über Gladbach. 1977 besiegten sie die Borussia im Endspiel des Europapokals der Landesmeister mit 3:1. Ein Jahr später unterlagen die Niederrheinischen dem Team aus dem Nordwesten Englands im selben Wettbewerb im Halbfinale.
Sehnsucht nach Liverpool
Max Eberl war damals vier Jahre alt – aber das weiß er trotzdem: "Liverpool ist der dritte Verein, mit dem Gladbach eine große Historie verbindet. Diesen Klub würden wir uns alle im Achtelfinale wünschen."