Heute erfahren die Bundesligisten, nach welchem Schlüssel künftig die TV-Gelder verteilt werden sollen. Die Diskussionen im Vorfeld lassen kontroverse Reaktionen vermuten.
Im Schatten der Turbulenzen in der DFB-Führung hat das Präsidium der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eine wegweisende Entscheidung vorbereitet. Heute wird es auf einer virtuellen Mitgliederversammlung mit den 36 Profi-Klubs der ersten und zweiten Bundesliga bekanntgeben, wie es sich die Verteilung des im Juni abgeschlossenen neuen TV-Vertrags vorstellt, der ab der Saison 2021/22 gültig sein wird.
Weniger Geld im Topf
Im Schnitt wird die Liga in den kommenden vier Jahren 1,1 Milliarden Euro aus der nationalen Vermarktung und 200 Millionen Euro aus der internationalen Vermarktung an die Vereine verteilen. Das ist etwas weniger als in den vergangenen vier Jahren, als die Summe der nationalen Vermarktung bei 4,64 Milliarden lag.
Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen fiel das Lob für das DFL-Geschäftsführer Christian Seifert für das ausgehandelte Gesamtvolumen dennoch einhellig aus. Auf die Bekanntgabe des neuen Verteilungsschlüssels wird es voraussichtlich wesentlich kontroversere Reaktionen geben.
Vierzehn Klubs und Fans fordern gerechtere Verteilung
Der VfB Stuttgart, Mainz 05, Arminia Bielefeld sowie der FC Augsburg hatten im Oktober gemeinsam mit zehn Zweitligisten in einem Papier eine gerechtere Verteilung gefordert. Daraufhin waren sie zu einem Treffen der übrigen Erstligisten und dem HSV nicht eingeladen worden.
Besonders aufmerksam wird die Entscheidung in den Fanorganisationen beobachtet, die in den letzten Monaten ihre Reformvorschläge für die Zukunft des deutschen Profifußballs erarbeitet haben. Die Verteilung der TV-Gelder ist dabei unter dem Stichwort "Integrität des Wettbewerbs" ein zentrales Element.
Fans wollen Änderung zugunsten zweiter Liga
Bisher erfolgt die Verteilung über ein Säulenmodell, das insbesondere vergangene Erfolge belohnt. Laut "Kicker" beträgt die Spannweite der TV-Einnahmen aus der nationalen und internationalen Vermarktung der DFL in der laufenden Saison zwischen 105,4 Millionen für den FC Bayern und 34,1 Millionen für Arminia Bielefeld. Darin sind die TV-Einnahmen aus Europapokal-Spielen nicht enthalten.
Die Fans schlagen vor, dass innerhalb der Ligen ein Sockelbetrag von 75 Prozent aller DFL-Einnahmen gleichmäßig auf alle Klubs verteilt wird. Dabei soll der bestverdienende Klub maximal 1,5 mal mehr bekommen dürfen als der Klub mit den geringsten Einnahmen. Außerdem soll der Schlüssel zu Gunsten der zweiten Liga (bislang 80:20) geändert werden.
Dass die nationalen und internationalen TV-Einnahmen der DFL zusammen in einem Topf landen, ist auch Teil des Positionspapiers der vier Erst- und zehn Zweitligisten. Auch dadurch würde der Anteil der zweiten Liga an den Gesamteinnahmen steigen. Außerdem fordern sie, dass bei der Verteilung nicht nur die Leistung, sondern auch die Attraktivität der Klubs berücksichtigt wird.
Nagelprobe für Reformwillen
Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz-Rummenigge betonte nach dem Treffen der übrigen 14 Erstligisten zwar, keine eigenen Forderungen stellen zu wollen. Die Vehemenz, mit der er den Vorstoß der Nicht-Eingeladenen kritisierte sowie das Schweigen der meisten anderen Klubs lassen vermuten, dass es in diesem Kreis wenig Interesse an einschneidenden Veränderungen gibt.
Für die organisierten Fans ist der heutige Beschluss dagegen die erste Nagelprobe für den postulierten Reformwillen des Profifußballs. "Jeder Verein ist herausgefordert, die gesamte DFL und damit den Profifußball als Ganzes im Blick zu haben und nicht nur Eigeninteressen", sagt Helen Breit.