Der Höhenflug des VfL Wolfsburg wird durch Kurioses belastet. Cheftrainer Oliver Glasner schweigt über seine Zukunft. Geschäftsführer Jörg Schmadtke kämpft nicht um ihn.
Forsche Töne sind ihm fremd. Doch die bohrenden Fragen, ob er bleibt oder geht, locken selbst den stillen Oliver Glasner aus der Reserve.
sagt der Cheftrainer des VfL Wolfsburg kurz vor dem großen Triumph: Glasner und seinem Team winkt der direkte Einzug in die Champions League. Dieser Höhenflug ändert nichts daran, dass die weitere Zusammenarbeit mehr als fraglich ist.
Keine Harmonie in Sicht
Glasner und Geschäftsführer Jörg Schmadtke streiten selten öffentlich. Sie taktieren intern. Dass der Cheftrainer einen Treuschwur zum VfL verweigert, bringt ihn in Not. Glasner wäre laut Arbeitsvertrag noch eine Saison an Wolfsburg gebunden. Doch niemand widerspricht, wenn von grundlegenden Differenzen zwischen ihm und Schmadtke die Rede ist. Entlassung? Abfindung? Wechsel zu Eintracht Frankfurt? Dank einer Ausstiegsklausel? "Am Ende des Tages stimmt gar nichts davon", sagt der Österreicher zu den Gerüchten um ihn.
Auch die Gegenseite wird bockig, wenn man ihr hartnäckig einen Spiegel vorhält. Ob bei Hannover 96, dem 1. FC Köln oder in Wolfsburg: Schmadtke hat sich den Ruf erworben, als Entscheider einen guten Job zu machen und dabei immer wieder anzuecken. Gerne mit den Trainern. Wer darin ein Verhaltensmuster zu erkennen glaubt, bringt Schmadtke in Rage. Wenn der frühere Profitorhüter grantelt und fremdelt, dann aus seiner Sicht aus gutem Grund. Schmadtke ist der Erfolg eines Vereins wichtiger als ein gutes Miteinander mit dessen Trainer.
Ärger um Transferpolitik
Die Suche nach dem Knackpunkt führt zu Differenzen bei der Transferpolitik. Ende 2020 hatte Glasner laut gesagt, dass er sich andere, teurere Verstärkungen wünschen würde. Was ehrlich klang, war für Schmadtke ein Unding. Seitdem geben sich beide Seiten große Mühe, wechselseitige Sympathiebekundungen zu vermeiden. Dass die Wolfsburger Mannschaft trotz der vereinsinternen Disbalancen zur Elite der Fußball-Bundesliga zählt und sich kaum irritieren lässt, verdient viel Applaus.
Die Aufgabenteilung zwischen den beiden Führungsfiguren ist eigentlich stimmig. Schmadtke sucht und bindet entwicklungswillige Talente. Glasner formt sie, um die Fähigkeiten der Spieler und Strategie der Mannschaft geschickt zu optimieren. Vor drei Jahren stand der VfL Wolfsburg noch am Abgrund zur 2. Bundesliga. Die Freude und der Stolz, dass es aktuell um den Einzug in die Königsklasse geht, leiden unter dem Muff eines Männerstreites.
Trotziges Schweigen
Wie gut Glasner zum VfL Wolfsburg passt, darüber lässt sich streiten. Der Verein braucht Schlagzeilen. Er muss chronisch lauter und besser sein als andere, um bundesweit wahrgenommen zu werden. Doch für den Part des Marktschreiers taugt Glasner wenig bis gar nicht. Bei vielen VfL-Fans ist der 46-Jährige durchgefallen. Wer schweigt und sich um ein "Ja" zum eigenen Verein herumdrückt, gilt als Held auf Abruf.
Der Kampf um die besten Trainer wird im deutschen Profifußball immer sonderbarer. Nachdem der Wechsel von Marco Rose zu Borussia Dortmund früh feststand, verpasste Borussia Mönchengladbach sämtliche Saisonziele. Eintracht Frankfurt wiederum verliert Adi Hütter an die Gladbacher trotz einer Erfolgssaison für die Geschichtsbücher des Vereins. Ähnliches deutet sich bei Glasner an.
Und was hat der VfL Wolfsburg von den anderen gelernt? Trainer Glasner sagt über die Trainerdebatte in eigener Sache:
Doch seine Personalie bis zum Saisonende unter einer Käseglocke bewahren zu wollen, ist im Profigeschäft nahezu unmöglich. Glasner versucht es trotzdem, bleibt trotzig und erlebt, wie sein eigener Lorbeer dahinwelkt.