Champions League: Frankfurt werkelt am Wunder von Neapel

    Champions-League-Achtelfinale:Frankfurt werkelt am Wunder von Neapel

    von Frank Hellmann
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    Eintracht Frankfurt geht nach der Hinspiel-Pleite als Außenseiter ins Champions-League-Rückspiel beim SSC Neapel. Trotzdem hat Trainer Oliver Glasner die Hoffnung nicht aufgegeben.

    Frankfurts Trainer Oliver Glasner
    Frankfurts Trainer Oliver Glasner gibt für das Rückspiel in der Champions League in Neapel Durchalteparolen aus.
    Quelle: dpa

    Sie hatten sich wirklich wieder Mühe gegeben, die Fans von Eintracht Frankfurt. Schon als Torwart Kevin Trapp am Wochenende zum Warmmachen auf den Platz lief, strahlte ihn das riesige Plakat an. "Sieg in Napoli!" hatten die Anhänger im Vorgriff auf die anstehende Partie in der Champions League in geschwungener Schrift darauf verewigt. Und hatte nicht Stadionsprecher Daniel Wolf gleich nach dem verlorenen Achtelfinal-Hinspiel gegen den SSC Neapel (0:2) daran erinnert, dass den Hessen dort mal ein Auswärtssieg gelungen war.

    Glasner trotz Hinspiel-Niederlage zuversichtlich

    Tatsächlich, das 1:0 im ehemaligen UEFA-Cup 1994 durch Lockenkopf Ralf Falkenmayer ist Legende, weil die launische Diva zwischen Hin- und Rückspiel mal eben Anthony Yeboah, Jay-Jay Okocha und Maurizio Gaudino rauswarf. Alles ist aber so verdammt lang her, dass es fürs Rückspiel (Mittwoch 21 Uhr) keine Rolle spielt.
    Trainer Oliver Glasner ist längst in den Tunnel der Gegenwart abgetaucht; seit Sonntag schwört der gebürtige Salzburger sein Ensemble hinter blickdichten Planen im Frankfurter Stadtwald auf den vielleicht größten Kraftakt der jüngsten Europapokalgeschichte ein – auch ohne eigene Fans. Glasners Hoffnung auf den Coup gegen den designierten Meister der Serie A ist trotz der erdrückenden Übermacht vor drei Wochen unverdrossen.

    Ich habe solch riesigen Respekt vor den Jungs. Die Mannschaft hat oft bewiesen, dass sie zu außergewöhnlichen Leistungen fähig ist.

    Oliver Glasner (Eintracht Frankfurt)

    Glasner verspricht: "Wir werden allen Charakter und Mentalität in die Waagschale werfen, um das, was uns niemand zutraut, Wirklichkeit werden zu lassen!" Oder wie Aurélio Buta nach dem ersten Duell mit der Società Sportiva Calcio feststellte: "Wir brauchen kein Wunder, wir müssen nur an uns glauben."
    v. li. Torwart Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt, 1), Victor Osimhen (SSC Neapel, 9) und Tuta (Eintracht Frankfurt, 35).
    Gänsehautstimmung, aber eine kleine Lehrstunde auf dem Platz: Eintracht Frankfurt ist gegen die SSC Neapel chancenlos und mit einer 0:2-Niederlage noch gut bedient.22.02.2023 | 2:57 min
    Das mit dem Glauben ist auch in der Region Kampanien so eine Sache. Diego Armando Maradona wird hier bis heute wie ein Gott verehrt. Das alte San Paolo ist inzwischen nach dem verstorbenen Argentinier benannt. Wenn erstmals nach 1990, als Maradona hier noch Regie führte, der Scudetto nach Neapel geht, wird Ausnahmezustand herrschen. Der Einzug ins Viertelfinale der Königsklasse ist eine Zugabe, und genau hier setzt Glasners Masterplan an.
    Den vielleicht abgelenkten Gegner mit der eigenen Selbstüberzeugung überraschen, mit der sich die Eintracht vor einem Jahr immerhin gegen den FC Barcelona in der Europa League durchgesetzt hat. Damals halfen allerdings fast 30.000 mitgereiste Anhänger mit, dass die auf internationale Festspiele spezialisierten Adlerträger über sich hinauswuchsen.

    Beste Torschützen der Eintracht fehlen

    Zudem fragt sich die ausgesperrte Fan-Entourage, wer die mindestens erforderlichen zwei Tore schießen soll: Mit Randal Kolo Muani (Rotsperre) und Jesper Lindström (Sprunggelenksverletzung) fehlen die beiden besten Torschützen, dazu hängt der am Saisonende zu Borussia Dortmund wechselnde Daichi Kamada dermaßen im Formloch, dass der Japaner zuletzt sogar die Bank drückte.
    Auch Mario Götze hat seine Leichtigkeit verloren, zuletzt sah der Weltmeister drei gelbe Karten wegen Meckerns. Überhaupt hat die Harmonie gelitten: So wie Glasner symbolisch den Schalter sucht, um das Selbstvertrauen wieder anzuknipsen ("ich habe ihn in der Kabine nicht gefunden"), haben seine Vorgesetzten so ihre Mühe, die Eintracht wieder herzustellen.

    Auf Führungsebene herrscht Unruhe

    Manager Markus Krösche eckt immer mal wieder mit dem Chefcoach an, der deshalb auch mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung zögert. Dazu sind es mehr als nur Gerüchte, dass Vorstandssprecher Axel Hellmann vielleicht doch mit einem festen Job als neuer Boss der Deutschen Fußball-Liga (DFL) liebäugelt. Jedenfalls widmet der gewichtige Macher schon die halbe Arbeitswoche den DFL-Aufgaben im Frankfurter Westend.
    Hellmanns Abgang wäre ein schwerer Schlag, zumal auch Präsident Peter Fischer wegen der Kokain-Affäre abgetaucht ist. Aufsichtsratschef Philip Holzer will zeitnah ein klärendes Gespräch mit dem Vorstandsboss führen, denn der aus der eigenen Fanabteilung hervorgegangene Hellmann ist der Architekt vieler Projekte abseits des Sports, die Eintracht geholfen haben, sich erst diesen Rang und Namen in Europa zu verschaffen.
    Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.

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