Der FC Barcelona spielt in München mit neuem Trainer gegen das frühe Champions-League-Aus. Bislang beschränkt sich der Xavi-Effekt auf eine bessere Stimmung.
Vor knapp drei Monaten unterlag der FC Barcelona dem FC Bayern am ersten Champions-League-Spieltag mit 0:3. Es war ein ernüchternder Abend für die Katalanen, Trainer Ronald Koeman sagte danach: "Es lo que hay." Mehr ist nicht drin.
Es lo que hay - dieser Satz sollte ihn für den Rest seiner Amtszeit verfolgen. Er klang arg resignativ für den stolzen Klub und seine große Anhängerschaft. Koeman wurde mangelnde Ambition vorgeworfen, Ende Oktober folgte die Entlassung.
Erinnerungen an Ronald Koeman
Heute steigt in München das Rückspiel. Barça kommt von einem 0:1 am Samstag gegen Betis Sevilla unter dem neuen Trainer Xavi Hernández. Quer durch die Gazetten wurde am nächsten Tag die geflügelte Phrase Koemans zitiert: "Es lo que hay".
FC Barcelona - Bayern München 0:3 (0:1)
Die jüngsten Darbietungen gleichen denen unter Koeman und scheinen zu belegen, dass Barças Krise nicht am Trainer lag. In Xavis erstem Champions-League-Match gab es zuhause ein 0:0 gegen Benfica Lissabon. Schlagen die Portugiesen heute das punktlose Dinamo Kiew, muss Barça in München gewinnen, um weiterzukommen.
Besser in die Europa League?
Die Herausforderung mutet wie eine Herkulesaufgabe an. "Der Glaube, Barça könne die Heldentat eines Siegs in München vollbringen, bleibt sehr großen Optimisten vorbehalten", schreibt die klubnahe "Sport". Womöglich sei ein Abstieg als in die Europa League Tabellendritter gar nicht so schlecht.
Frisch ist noch die Erinnerung an das historische 2:8 gegen die Bayern im Viertelfinale 2020. Aber nicht nur von der europäischen Spitze hat sich Barça weit entfernt. In der Liga rangiert man auf Platz sieben, 16 Punkte hinter Real Madrid.
Erst 25 Tore in 20 Spielen
Nach dem Abgang von Lionel Messi ist zu den Problemen der letzten Jahre noch eine profunde Harmlosigkeit gekommen. In der Champions League gelangen erst zwei Tore, in Xavis bislang vier Partien erst vier, davon zwei durch Elfmeter.
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Insgesamt stehen 25 Treffer nach 20 Pflichtspielen zu Buche – halb so viele wie im Schnitt der vergangenen Dekade.
Kein Ersatz für Messi und Griezmann
Angesichts von 1,5 Milliarden Euro Schulden wurde im Sommer auch der zweitbeste Torschütze der vergangenen Saison, Antoine Griezmann, abgegeben. Nicht mal seine Quoten können bisher ersetzt werden.
Titelverteidiger FC Chelsea hat Juventus Turin in der Champions-League-Vorrunde mit 4:0 abgefertigt. Der FC Barcelona steht nach einem 0:0 gegen Benfica Lissabon vor dem Aus.
Neuzugang Memphis Depay wirkt verloren und überspielt. Sergio Agüero und Martin Braithwaite fallen seit Monaten aus. Und Ansu Fati, die große Zukunftshoffnung, hat seit der Rückkehr von einer langwierigen Knieverletzung immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen. Er fehlt auch heute in München.
Ewiger Hoffnungsträger Dembélé
Bleiben zwei Angreifer, die seit Jahren enttäuschen und deren teure Fehleinkäufe wesentlich zur dramatischen Finanzlage beigetragen haben. Philippe Coutinho wirkt ziellos und wie ein Fußballer der Vergangenheit. Ousmane Dembélé hingegen sorgt wenigstens für die Illusion, dass etwas passieren könnte – wenn er denn mal fit ist.
Heute ist das der Fall, Dembélé steht vor seinem ersten Startelfeinsatz der Saison. Xavi klammert sich an den unberechenbaren Franzosen. "Mit ihm verändert sich das Gesicht unserer Mannschaft", sagt er und fordert ansonsten:
Enormer Vertrauensvorschuss für Xavi
Als Einheimischer, Eigengewächs, Spieler in 767 Partien und Regisseur der größten Epoche der Klubgeschichte verfügt Xavi über einen enormen Vertrauensvorschuss. Doch seine Arbeit wird sich erst richtig bewerten lassen, wenn er mal den vollen Kader zur Verfügung hat, besonders in der Problemzone Sturm.
Fürs erste bleibt der Xavi-Effekt auf eine positivere Stimmung beschränkt. Zuletzt kamen wieder mehr Zuschauer, sie unterstützen die Mannschaft vorbehaltslos und würden ihr womöglich auch ein Champions-League-Aus verzeihen.
Die Fans ahnen: Wenn es nicht mal Xavi richten kann – dann niemand.
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