Champions-League-Reform: Spannung pur oder zu kompliziert?
Champions-League-Reform:Ligamodus: Spannung pur oder zu kompliziert?
von Ralf Lorenzen
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Die erste Vorrunde der Champions League im neuen Ligamodus ist gespielt. Wie fällt das Fazit aus? Viele der erhofften Effekte sind eingetreten. Aber es gibt auch Kritik.
Tore, Tore, Tore und Spannung bis zum letzten Spieltag der Vorrunde: Die Champions-League-Reform hat ihr Versprechen auf den ersten Blick eingelöst. Aber blickt man da noch durch?06.02.2025 | 14:35 min
Ab jetzt kann sich Bayern Münchens Trainer Vincent Kompany an spielfreien Sonntagen wieder angenehmere Dinge vornehmen als unübersichtliche Tabellen mit 36 Mannschaften zu studieren. Dazu war er am letzten Spieltag der Vorrunde der Champions League gezwungen.
Mein Fazit ist, dass die Reform der Champions League ein Fortschritt ist, weil der Wettbewerb besser ist.
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Philipp Selldorf (Süddeutsche Zeitung) im Bolzplatz
"Ich will die Wahrheit sagen: Ich habe es versucht", sagte Kompany vor dem Spiel gegen Slovan Bratistlava. "Ich habe meinen Sonntag daran verloren und ich habe jetzt ungefähr im Kopf, was alles passieren muss. Das ist auch mein Job. Und dann kommst du ganz am Ende wieder ganz am Anfang an."
Bayern München beendet die Vorrunde mit einem glanzlosen 3:1 gegen Slovan Bratislava. Für einen Platz unter den Top-8 der Tabelle reicht der Sieg aber nicht.29.01.2025 | 3:00 min
18 Partien zeitgleich am letzten Spieltag
So oder so ähnlich ging es wohl auch vielen Fans. 18 Spiele fanden am letzten Spieltag parallel statt mit einer unüberschaubaren Anzahl an möglichen Konstellationen in der Tabelle. Dort qualifizierten sich die ersten Acht direkt für das Achtelfinale, die nächsten 16 Teams müssen in eine Playoff-Runde, für die letzten Zwölf ist der Wettbewerb beendet.
"Was für Fußballfans wahnsinnig wichtig ist, ist das Hinfiebern auf ein Spiel und auch das Hinfiebern auf verschiedene Szenarien", erklärt Podcaster und BVB-Fan Gregor Ryl in der neuen Folge der Sendung Bolzplatz.
Wenn du vorm letzten Spieltag alle Szenarien aufstellen wolltest, hättest du 80 Flipcharts gebraucht. Das war so undurchsichtig.
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Podcaster und BVB-Fan Gregor Ryl im Bolzplatz
Neuer Modus bringt einige Überraschungen
Grämten sich die einen über die Undurchsichtigkeit einer Riesentabelle mit allen Mannschaften, freuten sich andere an der großen Spannung und den Überraschungen, die der Wettbewerb bis jetzt bot.
So müssen sich topgesetzte Teams wie Bayern München, Real Madrid oder Manchester City durch eine Zwischenrunde quälen, während der französische Klub OSC Lille direkt ins Achtelfinale gesprungen ist. RB Leipzig und der VfB Stuttgart gucken ganz in die Röhre.
Manchester City hat ein frühes Aus gerade so abgewendet. Gegen den FC Brügge gerät die Guardioa-Elf in Rückstand, kommt aber zurück und rettet sich in die Play-off-Runde.29.01.2025 | 2:59 min
Mehr Tore in der Königsklasse
Auch Philipp Selldorf, Fußball-Journalist von der "Süddeutschen Zeitung", ist vom neuen Modus grundsätzlich angetan: "Weil er spannender ist, weil er mehr Überraschungen bietet, mehr Abwechslung, mehr Fantasie anregt und sportlich den Fußball vorangebracht hat", so Selldorf im Bolzplatz.
Viele Zahlen sprechen dafür, dass die UEFA einige mit der Reform anvisierten Ziele erreicht hat. So gab es einen Rekordtorschnitt von 3,27 und wesentlich weniger Unentschieden. "In den 144 Partien dieser Saison gab es lediglich 18 Remis", sagt Bolzplatz-Moderatorin Lili Engels. "Das sind 12,5 Prozent. In der Vorsaison waren es noch 21 Prozent. Die Mannschaften scheinen im neuen Modus mehr all in zu gehen."
Pflichtaufgabe gelöst, Platz unter den besten Acht gesichert: Mit einem 2:0-Erfolg gegen Sparta Prag hat sich Bayer Leverkusen direkt für das Achtelfinale qualifiziert.29.01.2025 | 2:58 min
Gegenmodell zur Super League
Mit dem neuen Modus wollte die UEFA aber auch dem im ersten Anlauf gescheiterten Versuch einiger Top-Klubs entgegenwirken, eine private Super League zu gründen. "Grundsätzlich könnte man sagen, hat die UEFA das clever gemacht", sagt ZDF-Kommentator Gari Paubandt.
"Sie hat versucht, der Super League den Nährboden zu entziehen, sich das Positive da abgeschaut, und das dann selbst unter der eigenen Dachmarke umgesetzt." Und das mit dem profitablen Nebeneffekt, die Vorrunde von 96 auf 144 Partien auszudehnen.
Befürworter versprechen sich mehr Spannung, Kritiker befürchten eine Super League durch die Hintertür. Das steckt hinter den Änderungen in der Champions League zur neuen Saison.09.05.2024 | 15:39 min
Finanz-Schere geht wohl noch weiter auf
Genau darin liegen allerdings auch - neben der Unübersichtlichkeit - die größten Kritikpunkte am neuen Formats. So droht einmal immer mehr eine Übersättigung durch immer mehr Spiele. Zweitens wird die die finanzielle Kluft zu den Klubs, die nicht an der Champions League teilnehmen, immer größer.
"Wenn man es als Gegengift gegen diese private Veranstaltung der Super League sieht, die über Nacht aus dem Boden gestampft werden sollte, dann ist es natürlich zu begrüßen", sagt Selldorf. "Gleichzeitig leiden auf Dauer auch ganz sicher die nationalen Ligen. Denn "da zementieren sich Machtverhältnisse und finanzielle Strukturen."
Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.