Leipzig-Gegner Schachtjor Donezk:Fußball mit politischem Auftrag
von Ullrich Kroemer
06.09.2022 | 08:12
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Wegen des Krieges in der Ukraine muss Schachtjor Donezk einen gewaltigen personellen Aderlass verkraften. Doch es geht dem Klub aktuell um viel mehr als um Tore und Punkte.
Spieler von Schachtjor Donezk mit Ukraine-Flagge
Quelle: Imago
Der Rechtsverteidiger Lucas Taylor ist der einzige Brasilianer, der aktuell für Schachtjor Donezk spielt. Es war mal das Markenzeichen des ukrainischen Spitzenklubs, Sprungbrett für angehende brasilianische Stars in Europa zu sein.
Douglas Costa ging von dem Bergarbeiter-Verein zu Bayern München und Juventus Turin; Willian schaffte aus dem Donbas den Sprung zu Chelsea und Arsenal; Fernandinho prägte nach der Station Donezk bei Manchester City eine Ära.
Ausländische Spieler flüchten
Doch mit dieser Transferstrategie, Erfolgs- und Geschäftsprinzip des Klubs, ist es nun vorerst vorbei. Nach Ausbruch des Krieges flüchteten alle verbliebenen Brasilianer in andere Ligen.
Acht Kicker vom Zuckerhut verließen Schachtjor oder ließen sich verleihen. Ein gewaltiger Aderlass aufgrund des Krieges. Nur Taylor ließ sich aus Griechenland in die Ukraine verleihen.
Wenn Donezk nun an diesem Dienstagabend bei RB Leipzig in der Champions League gastiert (21 Uhr), stehen nur noch vier ausländische Profis beim Klub des Milliardärs Rinat Achmetow unter Vertrag.
Zeit der Brasilianer vorbei
Doch gerade daraus versucht der neue, kroatische Trainer Igor Jovicevic eine neue Identität für den Klub zu erschaffen. "Es war lange Zeit das Schachtjor der Brasilianer", sagte er.
Jeder auf der Welt verband den Klub mit dieser Idee. Aber wir müssen das vergessen und einen neuen Prozess einleiten. Die Fußballer, die jetzt hier sind, wollen unbedingt ein neues Schachtjor aufbauen.
Schachtjor-Trainer Igor Jovicevic
Es ist wohl kein Zufall, dass das Team von Ex-Jugoslawen wie Jovicevic und Sportdirektor Darijo Srna geleitet wird, die in den 1990er Jahren selbst Krieg in ihrem Heimatland miterlebt und gelernt haben, einerseits mit der ständigen Bedrohung zu leben, und andererseits die Kraft des Fußballs in Krisenzeiten zu nutzen.
Heimspiele in der Fremde
"Seit 2014 spielt unsere Mannschaft nicht zu Hause, wir spielen immer auswärts. Es ist wichtig für unsere Landsleute, dass wir auf dem Feld genauso kämpfen wie sie es an der Frontlinie tun", sagte Jovicevic auf dem Pressepodium in Leipzig.
"Wir müssen weiterhin die Botschaft darüber senden, was in der Ukraine vor sich geht. Wir müssen Geld sammeln, um die ukrainischen Flüchtlinge zu unterstützen, unsere Armee und das Volk”, sagte Schachtjors Geschäftsführer Sergej Palkin dem englischen "Mirror". Fußball mit klarem politischen, ja militärischen Auftrag.
Saisonbeginn auf Selenskyi-Geheiß
Nachdem die Saison in der ukrainische Liga nach dem Angriff Russlands im Februar abgebrochen worden war, begann auf Geheiß des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi nach einem halben Jahr Pause die neue Spielzeit am 23. August - am Vorabend des Unabhängigkeitstages in der Ukraine.
Die Saison wurde im Olympiastadion der Hauptstadt Kiew eröffnet, wo der Verein Donezk derzeit in einem Hotel seine Basis hat und Ligaspiele austrägt. Die Mannschaft sowie der komplette Staff lebt und trainiert derzeit in Warschau, wo auch die Spiele in der Champions League stattfinden, und reist Tausende Kilometer zu den Heimspielen in der Liga an.
Wenn es Alarmsignale gibt, musst du in den Bunker gehen. Aber ich tue eine gute Sache für mein Land und für meine Landsleute.
Schachtjor-Kapitän Taras Stepanenko
Der symbolische Anstoß wurde von einem Schachtjor-Fan und Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte ausgeführt. "Donezk. Die Ukraine wird gewinnen", stand auf den Trainingstrikots der "Bergmänner".
Keine Zuschauer erlaubt
Zuschauer in den Stadien sind nicht zugelassen, im Falle eines Bombenalarms müssen die Spiele unterbrochen werden und die Akteure Schutzräume aufsuchen. "Tag für Tag muss man sich an diese Bedingungen gewöhnen", sagte Kapitän Taras Stepanenko.
Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.
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