Sollte für Profi-Fußballer ein Gehaltsverzicht in der Corona-Krise nicht selbstverständlich sein? Eine Sportpsychologin erklärt, wieso sich Spieler häufig dagegen sträuben.
Über Geld spricht man nicht. Dieses Tabu galt im Fußball schon immer nur eingeschränkt. Zumindest für die Öffentlichkeit scheint das Reden über die Höhe von Gehältern und Ablösesummen mindestens so interessant wie das über Taktik und Aufstellung.
Corona-Pandemie offenbart Missverhältnis
Dies gilt verstärkt in Zeiten der Corona-Pandemie, in denen ein Missverhältnis zwischen diesen Summen und der wirtschaftlichen Situation vieler Klubs deutlich wird. Als Folge steigt der öffentliche Druck auf Spieler und Funktionäre, auf Teile ihres Gehaltes zu verzichten.
"Verzicht in dieser Gehaltsklasse sollte kein Akt der Moral oder des Edelmuts sein, sondern der Vernunft und Selbstverständlichkeit", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" schon zu Saisonbeginn.
Vermehrt Unstimmigkeiten in der Bundesliga
Dort ist es wie auch in Freiburg, Köln und Frankfurt inzwischen zu "einvernehmlichen Lösungen" gekommen, wie es meist heißt. Diese Lösung steht beispielsweise beim FC Barcelona noch aus, wo nach Medienberichten ohne einen kräftigen Verzicht der Konkurs droht.
DFB-Präsident Keller für europaweite Reduzierung
Umso dringlicher wird für finanziell angeschlagene Klubs eine Senkung der Gehaltskosten, die vertraglich fixiert ist und nicht vom guten Willen der Spieler abhängt. DFB-Präsident Fritz Keller befürwortet eine europaweite Reduzierung der Gehälter, wie sie von dem italienischen Verbandspräsidenten Gabriele Gravina angeregt wurde.
Zu diesem Wunsch passen die Zahlen kaum, um die es beim Konflikt um die Vertragsverlängerung von David Alaba bei Bayern München gehen soll. Der Österreicher, der sich enttäuscht zeigte, dass der Klub die genannten Zahlen (je nach Quelle zwischen 15 und 20 Millionen Euro) nicht dementierte, schilderte seine Sicht bei "Sky" so: "Mir wurde vor einem Jahr ein Vertrag vorgelegt, in dem mir die Anerkennung und die Wertschätzung wirklich nicht gegeben wurde - und da war Corona noch ganz weit weg."
Der Vergleich ist wichtig
Laut der Sportpsychologin Kathrin Seufert fehlen im Profifußball meist andere als monetäre Maßstäbe für die Wertschätzung. "Die Spieler werden von außen oft stark kritisiert und es ist schwer für sie, ihren persönlichen Anteil an der Mannschaftsleistung einzuschätzen", sagt Seufert gegenüber ZDFsport. "Deshalb wird möglicherweise der Gehaltsvergleich zu den Mitspielern herangezogen, um die eigene Leistung einzuordnen."
Für die Notwendigkeit eines freiwilligen Gehaltsverzichtes hätten laut Seufert viele Spieler zwar Verständnis. "Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Kommunikation ein Problem ist. Sie fragen sich: Wird das öffentlich gemacht oder nicht? Wird klar, wieviel zehn Prozent des Gehaltes sind? Und welche Folgen hätte das für mich persönlich im Hinblick auf die Vergleichsproblematik?"
Rashford als Beispiel, dass es auch anders geht
Vielleicht macht da der Blick nach England Mut, wo der Manchester-United-Spieler Marcus Rashford bewies, dass Wertschätzung auch ganz anders erreicht werden kann: Mit seiner Kampagne für kostenlose Mahlzeiten für Schüler gewann er weltweite Anerkennung über Vereinsgrenzen hinweg.
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