Kurz vor seinem 100. Länderspiel wird DFB-Kapitän Manuel Neuer im EM-Trainingslager wieder mal mit Lob überschüttet. Und das nicht nur für seine Ausnahmequalitäten im Tor.
Erhaben thront das prächtige Teamhotel der deutschen Nationalmannschaft im verträumten Dörfchen Mösern auf dem Seefelder Hochplateau. Auch Tennisplätze gehören zum Areal. Kürzlich haben sich hier Manuel Neuer und Jonas Hofmann zum Tennisspiel verabredet. Auf einem anderen Platz versuchten sich Timo Werner, Marcel Halstenberg und Bernd Leno. Wieder so ein Moment, in dem Leno seinen Keeper-Kollegen Neuer mit staunendem Gesicht auf einem anderen Niveau erwischte: "Das war Profi-Level."
Kämen die "Seefeld Open" im Tennis zur Austragung, von denen die Mannschaft schon scherzte, wäre der Keeper und Kapitän aus dem Kreis des Nationalteams der Topgesetzte.
Neuer: 100 Länderspiele seit 2009
Bei der EM-Generalprobe gegen Lettland in Düsseldorf soll die Nummer eins am Montag (20:45 Uhr/ZDF-Liveticker) nun das 100. Länderspiel bestreiten. "Mich macht das sehr stolz", sagte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke.
Auch Bundestrainer Joachim Löw erinnert sich noch gut an den Einstand vor zwölf Jahren, bei einem Freundschaftsspiel in den Vereinigten Arabischen Emiraten (7:2): "Vom ersten Moment, den er bei uns war, hatte ich das Gefühl, das wird mal ein ganz großer Torwart in der Welt."
Wie ein 25-Jähriger mit blitzschnellem Instinkt
Wer beim virtuellen "Media Day" die Ersatztorhüter Bernd Leno und Kevin Trapp auf Neuer ansprach, bekam einen Eindruck davon, wie viel besser der 35-Jährige immer noch ist. Neuer sei "gefühlt 25", sagte Leno, für den es "jeden Tag etwas zum Abschauen gibt". Neuer besitze einen "blitzschnellen Instinkt".
Leno, 29 Jahre alter Keeper in Diensten des FC Arsenal, erspäht nicht mal in der Premier League einen besseren, auch die brasilianischen Ballfänger Ederson (Manchester City) oder Alisson (FC Liverpool) würden da nicht heranreichen. Neuer sei "noch ein Stück kompletter".
Ähnlich äußerte sich Trapp: Der 30-jährige Schlussmann von Eintracht Frankfurt beeindruckt an Neuer die "positive Präsenz, man hat nie das Gefühl, dass er nicht von sich selbst überzeugt ist". Da hält einer die Bälle in einer anderen Liga.
Torhüter-Nachwuchs macht Sorgen
Ans Aufhören denkt Manuel Neuer noch nicht: "Ich habe nicht vor, meine Nationalmannschaftskarriere zu beenden." Das DFB-Trikot will er also auch in Zukunft anziehen, "wenn es mir gut geht". Das sind vor allem für seinen Kronprinz Marc-Andre ter Stegen vom FC Barcelona keine guten Nachrichten. Dem 29-Jährigen, der wegen einer Verletzung bei der EM ausfällt, läuft allmählich die Zeit davon. Aber was kommt danach?
Die DFB-Akademie mit Leiter Tobias Haupt hat aus einer gewissen Sorge das Projekt "N_28" aufgelegt. Hinter dem Code verbirgt sich die Suche nach dem Nationaltorwart für das Jahr 2028. Und da sieht es nicht so rosig aus. Vor allem die fehlende Spielpraxis der potenziellen Neuer-Nachfolger wird als Kardinalproblem verortet.
U21-Keeper haben wenig Spielpraxis
Beispiel bei der U21: Stammtorwart ist Finn Dahmen, 23, der nur drei Bundesligaspiele für den FSV Mainz 05 bestritten hat. Lennart Grill, 22, hat für Bayer Leverkusen nur vier Mal gespielt und Markus Schubert, 22, hatte für den FC Schalke 04 und Eintracht Frankfurt vergangene Saison keinen einzigen Einsatz.
In den vergangenen sechs, sieben Jahren, versichert Köpke, ist bei der Torwartausbildung "gar nicht so viel schiefgelaufen". Manko sei aber, "dass die Jungs zu wenig spielen". Das trifft übrigens mit Alexander Nübel, 24, einen der talentiertesten seiner Jahrgangsstufe. Der Ex-Schalker hat sich freiwillig mit den Bayern ausgerechnet jenen Verein ausgesucht, der den besten Torhüter und Tennisspieler im deutschen Profifußball unter Vertrag hat - langfristig.
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