Viel deutet darauf hin, dass auch der nächste Präsident im Deutschen Fußball-Bund (DFB) wieder ein Mann wird. Dagegen wehrt sich die Frauen-Initiative "Fußball kann mehr".
Eine Cheftrainerin in der Fußball-Bundesliga? Nahezu undenkbar. Fußball ist Männersache. Kein Verein in den höchsten drei Männer-Ligen beschäftigt auch nur eine einzige Frau im Trainer-Team.
Es sieht nicht mehr zeitgemäß aus, wenn das 17-köpfige Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes zum Gruppenbild zusammenkommt. Es stellen sich dann auf: lauter Männer in dunklen Anzügen - und quasi als Farbtupfer eine einzige Frau in einem pastellfarbenen Kostüm. Immerhin durfte sich Hannelore Ratzeburg im September 2019 auf der Frankfurter Messe direkt an die Seite des damals frisch gekürten Präsidenten Fritz Keller stellen.
Der Winzer vom Kaiserstuhl hat als vierter DFB-Chef seinen Platz vorzeitig räumen müssen, so dass es beim nächsten Bundestag am 11. März erneut in Frankfurt zur nächsten Präsidentenkur kommt. Ratzeburg hat es trotz aller Skandale und Intrigen geschafft, sich in dieser Männerwelt zu behaupten. Aus Altersgründen kann die 70-Jährige indes nicht wiedergewählt werden. Gibt es dann gar keinen weiblichen Einfluss mehr auf Präsidiumsebene?
Gemischt geschlechtliche Führungsteams sind erfolgreicher
Katja Kraus, langjährige Vorstandsfrau beim Hamburger SV und Geschäftsführerin der Sportmarketingagentur Jung von Matt/Sports will das nicht mehr so hinnehmen.
sagt die in Hamburg lebende Netzwerkerin in ZDFzoom "Fußball-Frauen – Zeit für die Offensive" (20.10.2021).
Die 50-Jährige gehört der Frauen-Initiative "Fußball kann mehr" an; ein Zusammenschluss von neun Frauen mit der Nationaltorhüterin Almuth Schult, der EX-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb und der Fansprecherin Helen Breit. Diese Gruppe plädiert für eine DFB-Doppelspitze - aus Mann und Frau.
Kraus: "Ich halte das in Anbetracht der Komplexität er Aufgabe für eine notwendige Lösung." Ganz nebenbei würde damit Diversität aus der Führung heraus verkörpert, was eingedenk der vielen Skandale auch die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen würde.
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Bei den aktuellen DFB-Interimspräsidenten sind die Beharrungskräfte groß
Auch Keller wünschte sich eigentlich "mindestens ein Drittel Frauen in Führungspositionen" und forderte noch Anfang März in einem DFB-Interview die Männerwelt im eigenen Hause auf, dies zu unterstützen. Leider sind diese wohlmeinenden Worte ungehört verhallt. Mittlerweile dominieren wieder die Beharrungskräfte. Auffällig ist, dass die Interimspräsidenten Rainer Koch und Peter Peters zwar oft das Thema Diversität anschneiden, doch Kritiker vermuten nur Lippenbekenntnisse.
Kraus und ihre Mitstreiterinnen wollen nicht mit dem Gang durch die Instanzen warten.
sagte die ehemalige Nationaltorhüterin vom FSV Frankfurt zuletzt der "Frankfurter Rundschau". Sie selbst hat zwar keine Ambitionen auf den höchsten Verbandsposten, ist aber überzeugt, "dass man diese Rolle auch sehr gut ausfüllen kann, ohne zuvor jahrelange Verbandsarbeit geleistet zu haben".
Bernd Neuendorf gilt als Topkandidat aufs Präsidentenamt
Hinter den Kulissen schmieden aber längst die Männer wieder ihre Allianzen. Nach der Präsidentenkonferenz der Regional- und Landesverbände in Hamburg Anfang Oktober läuft vieles darauf hinaus, dass Bernd Neuendorf zum Topkandidanten gekürt wird. Der 60 Jahre alte Präsident des Landesverbands Mittelrhein hat früher als Staatssekretär im Ministerium für Familien, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen mit den unterschiedlichsten Interessensgruppen zu tun gehabt.Profifußball, Führungsposition, Frau: Eine Konstellation, die in Deutschland fast nicht vorkommt. Warum? Wir haben uns auf die Suche gemacht nach Frauen mit jeder Menge Expertise.
Für ihn soll das Präsidentenamt auch wieder mit der Richtlinienkompetenz ausgestattet werden, die Keller vor der Inthronisierung erst weggenommen wurde, was die Zerwürfnisse auch nicht verhinderte. Neuendorf wäre sicherlich ein integrer Charakter, aber das Sagen im größten deutschen Sportverband hätte wieder allein ein Mann.