Der deutsche Fußball-Nachwuchs hinkt international hinterher. Um das zu ändern, will der DFB die Junioren-Bundesligen abschaffen und den Profi-Nachwuchs abkoppeln.
Die deutsche U21-Nationalmannschaft, die heute in einem Testspiel für die EM-Qualifikation gegen Slowenien antritt, kann in ihrem Kader auf die Erfahrung von 196 Bundesliga-Spielen bauen. Im englischen U21-Team, das im Oktober in Andorra spielte, kamen allein die aufgestellten Spieler auf mehr als doppelt so viele Einsätze in der Premier League.
Das verhalf dem Three Lions-Nachwuchs beim überraschenden 3:3 zwar auch nicht zum Sieg. Der Vergleich zeigt aber das Dilemma des deutschen Nachwuchs. Es "fehlen ihnen entscheidende Erfahrungen", sagt der sportliche Leiter Nationalmannschaften beim DFB, Joti Chatzialexiou, und:
Thomas Schaaf: Regelmäßige Spielpraxis wichtig
Einer, der im Moment Spielpraxis auf hohem Niveau hat, ist der 20-jährige Manuel Mbom von Werder Bremen. Aber auch Mbom schaffte den Sprung von der U19 ins Profi-Team nicht direkt, sondern nahm einen Umweg über die dritte Liga. "An dem Jahr von Manuel Mbom in Uerdingen sieht man, wie wichtig es für einen Spieler ist, regelmäßige Spielpraxis zu haben, um sich zu finden, zu festigen und den Übergang in den Profibereich zu schaffen", erklärt Werder Bremens technischer Direktor Thomas Schaaf gegenüber ZDFsport.
Trainer achten zu sehr auf Erfolg
Das Problem der mangelnden Praxis beginnt nicht in der U21. Auch in den jüngeren Junioren-Jahrgängen stellen viele Trainer ihre Teams so auf und ein, dass sie über den Teamerfolg persönlich weiterkommen. Frank Kramer, ehemaliger Leiter der Nachwuchsabteilung bei RB Salzburg und U-Nationaltrainer beim DFB, erklärte bei nordbayern.de:
Um den Entwicklungsgedanken wieder in den Vordergrund zu rücken, will der DFB vor allem bei der Struktur der Junioren-Wettbewerbe ansetzen. Die Pläne des 2018 gestarteten "Projekt Zukunft" sehen laut "Kicker" vor, dass die 56 Leistungszentren ab der U14 aus dem bestehenden Ligen-System ausgekoppelt werden.
Aus für Junioren-Bundesligen
Die U17- und U19-Bundesliga sollen abgeschafft und die Teams der Leistungszentren (LZ) dafür in regionalen Gruppen gegeneinander antreten, wobei es Auf- und Absteiger dann nicht mehr gibt. Für die Wettbewerbe der Leistungszentren soll eine eigene Kommission zudem spezielle Regeln beschließen können. So ist eine Spiel-Einteilung in drei Drittel denkbar, um allen Spielern genügend Einsatzchancen zu geben.
Mit der Fokussierung auf die ganzheitliche Entwicklung und altersgerechtere Spiel- und Wettbewerbs-Formen hofft der DFB im Nachwuchsbereich, den Anschluss an die europäische Spitze wiederherzustellen.
Im vergangenen Jahr verpassten die DFB-Teams die Teilnahme an der U19-EM, U17-WM und U20-WM. "Im Werkzeugkasten muss am Ende der Ausbildung mehr als ein Hammer und eine Rohrzange sein", so Kramer, der in die Überlegungen der Projektgruppe eingebunden war.
Kritik: Amateurklubs fühlen sich abgewertet
In den letzten Wochen wurden die Pläne in Vereinen und Landesverbänden vorgesellt. Kritik wurde vereinzelt aus den Amateurklubs laut, die künftig weitgehend auf reizvolle Duelle mit dem Profi-Nachwuchs verzichten müssten. "Wir fühlen uns abgewertet", sagt Thomas Dreifürst, Vorsitzender des JFV Viktoria Fulda, auf torgranate.de:
Die Pläne müssen von einem außerordentlichen DFB-Bundestag verabschiedet werden. Sie sollen im kommenden Jahr in einer Pilotphase erprobt werden. Frühestens zur Saison 2022/23 könnten sie flächendeckend greifen.