Schiedsrichter Manuel Gräfe würde gerne in der Bundesliga noch weiter pfeifen. Im aktuellen sportstudio drückte der 47-Jährige sein Bedauern aus, dass der DFB dies verneint.
Kein Schiedsrichter vereint so hohe Sympathiewerte wie Manuel Gräfe. Heerscharen von Managern, Trainern und Spielern haben sich für den Berliner Schiedsrichter stark gemacht, dennoch muss Gräfe wegen Erreichen der Altersgrenze am Saisonende aufhören. "Grundsätzlich sollte es nach Leistung gehen", sagte der 47-Jährige als Gast im aktuellen sportstudio.
Ältere Schiedsrichter in der Premiere League
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat das zuerst von Guido Winkmann und Markus Schmidt vorgetragene Ansinnen abgelehnt, die Altersgrenze möglicherweise aufzuweichen. Zumal in der Premier League mit Mike Dean (52) und Martin Atkinson (50) zwei Top-Schiedsrichter jenseits der 50 noch Spiele leiten. Gräfe schloss sich dem Vorstoß über die Modifizierung der bestehenden Regelung nach eigener Aussage im April an - ohne sich übertriebene Hoffnungen zu machen.
Die Antwort hat ihn denn nicht sonderlich überrascht: Lutz Michael Fröhlich, Chef der Elite-Schiedsrichter, will nicht die Entwicklung der jüngeren Referees verhindern. Ein Argument, das Gräfe "nicht logisch" findet, weil einiges an Nachwuchs bereits aufgerückt sei. Er vermutet vielmehr persönliche Vorbehalte - und eine "sportpolitische Retourkutsche".
Gräfe an Fröhlich: Kritik ist keine Majestätsbeleidigung
Gräfe hat oft genug in seiner Karriere Klartext gesprochen, scheute sich auch nicht, im Skandal um Robert Hoyzer Position gegen den Verband zu beziehen oder beim Suizidversuch von Babak Rafati direkt den Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel anzugreifen. Auch das könnte ein Grund sein, warum ihm nun keine Ausnahme gewährt wird, noch weiterzumachen.
"Ich habe mich nicht immer beliebt gemacht", sagte der Sportwissenschaftler Gräfe. Dass er nicht weitermachen dürfe, "finde ich schade". Sein Rat an den sportlichen Leiter Fröhlich:
Sollte heißen: Kritik ist keine Majestätsbeleidigung.
Einsatz bei den Bayern bietet sich am 34. Spieltag an
Nach 288 Einsätzen in der Bundesliga seit 2004 wird am nächsten Wochenende Schluss sein. Zum Abschluss am 34. Spieltag muss er sich nicht noch einen Kellerkrimi antun, "ein entspanntes Spiel" wünscht sich Gräfe. Es böte sich an, ihm die Partie zwischen dem feststehenden Meister FC Bayern und dem geretteten FC Augsburg anzuvertrauen; dann würde der beliebteste Unparteiische in Fußball-Deutschland auch gleich Thomas Müller wiedersehen, den er nur beim Spitznamen "Radio" Müller nennt. Zwei unverstellte Charaktere, die sich kennen und schätzen.
- Wie ernst nimmt der DFB seine Erneuerung?
Zwei, die an der Krise beteiligt sind (Peters und Koch), sollen den DFB nach Kellers Rückzug interimsmäßig führen. Kellers Anwalt spricht von Belohnungsmentalität.
Ein riesiges Kompliment machte auch Mats Hummels von Borussia Dortmund dem scheidenden Schiri, wobei Weltmeister Hummels beim ZDF folgende Botschaft über Gräfe hinterließ: "Es versucht immer, im Flow des Spiels zu bleiben." Seine sachliche und kommunikative Art werden von den meisten Bundesliga-Mannschaften geschätzt. Derlei Lob nahm der zukünftige ZDF-Experte sichtlich gerührt auf: "Mehr kann man als Schiedsrichter nicht erreichen."
Bibiana Steinhaus könnte für Gräfe DFB-Präsidentin werden
Ganz am Ende der Sendung hatte der meinungsfreudige Unparteiische auch noch einen Vorschlag, wie die Führungskrise beim taumelnden DFB vielleicht zu lösen ist: indem Bibiana Steinhaus als Präsidentin fungiert. Auf die frühere Schiedsrichterin, die diese Saison aus freien Stücken nach dem DFL-Supercup aufhörte und inzwischen mit dem ehemaligen Fifa-Referee Howard Webb verheiratet ist, war noch keiner gekommen. "Das wäre mal ein neuer Ansatz", sagte Gräfe mit einem ganz leichten Augenzwinkern, der seinen Vorstoß angeblich nicht mit seiner ehemaligen Kollegin abgesprochen hatte.