Gegen Ungarn standen zwei Einwechselspieler im Fokus. Leon Goretzka erzielte den wichtigen Ausgleich, Jamal Musiala avancierte zum jüngsten deutschen Spieler bei einer Fußball-EM.
Wenigstens die Joker trumpften beim zähen 2:2 der deutschen Fußball-Nationalelf gegen Ungarn groß auf: Leon Goretzka erzielte den wichtigen Ausgleich, der für die DFB-Auswahl den Einzug ins Achtelfinale der Fußball-EM bedeutet. Und in der Vorbereitung des Treffers ließ Jamal Musiala aufblitzen, warum Bundestrainer Joachim Löw den 18-Jährigen mit seiner Einwechslung zum jüngsten deutschen Spieler bei einer Europameisterschaft machte.
Musiala nun jüngster deutscher EM-Spieler
Im ersten K.o.-Spiel für die DFB-Elf geht es am Dienstag in London gegen England - im Falle Musialas durchaus ein Fall von "Ironie des Schicksals". Schließlich hätte es gut sein können, dass der flinke Offensivspieler für die "Three Lions" zur Europameisterschaft gefahren wäre: Musiala kam 2003 in Stuttgart zur Welt und begann im hessischen Fulda mit dem Kicken, doch als Siebenjähriger zog er mit seiner Familie auf die Insel, weil seine Mutter in Southampton studierte.
Nach einer kurzen Rückkehr nach Fulda siedelte die Famile 2011 endgültig ins Königreich über. Musiala schloss sich dem FC Chelsea an und wurde als 13-Jähriger erstmals für die englische U15-Nationalelf berufen.
Zwei Einsätzen in der deutschen U16 stehen insgesamt 23 Spiele für englische Jugend-Nationalteams gegenüber, der englische Verband FA durfte sich also berechtigte Hoffnungen machen, das Ausnahmetalent für sich zu gewinnen. Doch Musiala, der 2019 zurück nach Deutschland ging und sich dem FC Bayern anschloss, entschied sich nach heftigem Buhlen für den DFB. Dass der Turnierbaum nun den Klassiker England gegen Deutschland ausspuckte, bewertete Musiala als "cool".
Schwung aus Portugal-Spiel verflogen
Cool geriet auch sein Kurzauftritt gegen aufopferungsvoll verteidigende Ungarn. "Ich bin einfach reingekommen ohne Angst zu haben, etwas zu probieren", so Musiala hernach.
Damit war er seinen zumeist deutlich älteren Teamkollegen schon mal einen großen Schritt voraus. Von der Risikobereitschaft, die das deutsche Spiel gegen Portugal noch ausgezeichnet hatte, war gegen Ungarn wenig übrig geblieben. Kein Tempo, schlechte Tiefenstaffelung, keine Durchsetzungskraft in den 1:1-Duellen - die Mängelliste vor allem in der deutschen Offensive war lang.
Umso wertvoller, dass Löw von der Bank aus nachlegen konnte - und die Wechsel zündeten. Am späten Ausgleich hatte auch Timo Werner Anteil, selbst wenn seine Bälle eher zufällig erst Musiala, dann Goretzka vor die Füße fielen. Auch Thomas Müller musste noch ran, der angeschlagene Routinier hatte eigentlich geschont werden sollen.
Bleibt die Frage, ob die Joker beim Bundestrainer so nachhaltig für sich werben konnten, dass ihnen gegen England nun die Startelf winkt. Vor allem Goretzka dürfte gute Karten haben, zumal sich Ilkay Gündogan im defensiven Mittelfeld noch nicht wie erhofft in Szene setzen konnte.
Sané enttäuscht erneut
Für Musiala dürfte ein Einsatz von Beginn an nicht zur Debatte stehen, als erste Wechsel-Option für die Offensive hinterließ er aber einen weitaus besseren Eindruck als Leroy Sané, der weder als Joker gegen Frankreich und Portugal noch als Müller-Ersatz gegen Ungarn viel zu Stande brachte.
Noch am Abend wandelte sich die Erleichterung über das Erreichen des Minimalziels in Vorfreude. "Das sind die Fußballabende, auf die sich die ganze Welt freut", sagte Goretzka kurz nach Abpfiff. "In Wembley gegen England zu spielen, ist was ganz Großartiges. Da freuen wir uns brutal drauf und werden bereit sein." Vielleicht ja sogar schon von Beginn an - damit es nicht wieder erst die Joker richten müssen.