Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft freut sich, dass es endlich losgeht. Die Stimmung vor dem EM-Auftakt gegen Dänemark ist prächtig. Gute Voraussetzungen für einen Sieg.
Zuletzt auf dem Trainingsplatz des Grashoppers Rugby Football Club im Westen von London trug Martina Voss-Tecklenburg noch eine Kladde unter dem Arm. Handschriftliche Aufzeichnungen waren der Bundestrainerin in den letzten Einheiten wichtig, um sich für das heutige erste EM-Spiel gegen Dänemark (21 Uhr/live im ZDF ab 20:15 Uhr) zu wappnen. Nach vier Wochen Vorbereitung mit drei Trainingscamps, fast unzähligen Ansprachen und Sitzungen wird es in Brentford endlich ernst.
Dänemark-Spiel wichtige Standortbestimmung
Im erst vor zwei Jahren erbauten und 17.000 Zuschauer fassenden Londoner Community Stadium, direkt zwischen Eisenbahnlinien und Hochhäuser gepflanzt, wird das 500. Länderspiel der DFB-Frauen zugleich zu einem der wichtigsten.
Spätestens nach dem zweiten Gruppenspiel gegen Spanien (12. Juli, 21 Uhr/ARD) gibt es einen Trend, ob es für die deutschen Fußballerinnen früh nach Hause geht - oder Richtung Viertelfinale gegen eine Mannschaft aus der England-Gruppe A.
Stadion ist ausverkauft
"Es wird Zeit, dass es losgeht. Wir wollen alles raushauen, was wir haben", sagte Voss-Tecklenburg vor dem 500. Länderspiel der DFB-Frauen. Ihre "große Vorfreude" wird gesteigert, indem das Stadion ausverkauft ist. 1.500 deutsche, 1.300 dänische Fans haben Karten erworben. "Den englischen Teil wollen wir auf unsere Seite ziehen", sagte die viel Optimismus ausstrahlende Bundestrainerin.
Zwar möchte die 54-Jährige zu "70 Prozent auf uns, zu 30 Prozent" auf den Gegner schauen, dem indes der Respekt gilt:
Mit dem verlorenen EM-Viertelfinale vor fünf Jahren gegen die Skandinavierinnen muss sich Voss-Tecklenburg nicht beschäftigen. Der Reinfall im Regen von Rotterdam fiel nicht in ihren Verantwortungsbereich.
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Wer sie zuletzt im täglichen Tun erlebte, sah eine hochkonzentrierte Fußballlehrerin, die aufmerksam jeden Schritt und Tritt ihrer Spielerinnen verfolgte. Anders als bei der WM 2019 hat sie das Gefühl, dass sie jetzt weiß, was jede einzelne leisten kann. In Frankreich habe sie ihren Kader "unbewusst überfordert".
Deutsche Startelf steht
An diesem Punkt ist die Powerfrau vom Niederrhein, beheimatet in Straelen, durchaus selbstkritisch:
Die Aufgabenverteilung zwischen Assistentin Britta Carlson und den Co-Trainern Thomas Nörenberg, der seine Stärke in den emotionalen Ansprachen hat, und Patrick Grolimund, der für Performance und Athletik zuständig ist, hat sich eingespielt.
Auch die Mannschaft weiß inzwischen, woran sie ist: Seit dem einzigen Testspiel gegen die Schweiz (7:0) ist die Startelf klar. Vor Torhüterin Merle Frohms dirigieren die lange verletzte Marina Hegering und die gereifte Kathrin Hendrich die Viererkette. Der angekündigte aktive, kreative Spielstil macht deshalb Sinn, weil das Ensemble seine Stärken sicherlich am ehesten in der Vorwärtsbewegung ausspielte.
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Keine Abhängigkeit mehr von einer Torjägerin
Das Mittelfeld gilt als bester Mannschaftsteil: Lena Oberdorf, Lina Magull und Sara Däbritz haben Führungsaufgaben beim VfL Wolfsburg, FC Bayern bzw. Paris St. Germain innegehabt. Da kann diese Troika doch sicher nun vorangehen. Vorne versuchen Svenja Huth und Klara Bühl die Mittelstürmerin Lea Schüller in Position zu bringen. Sollte die Bayern-Angreiferin Ladehemmung haben, sitzen noch Kapitänin Alexandra Popp, Frohnatur Laura Freigang und Talent Jule Brand draußen.
"Unsere Stärke ist, dass wir uns nicht von ein oder zwei Torjägerinnen abhängig machen müssen", betont die Bundestrainerin. Das war früher anders, als die bei jeder Trainingseinheit mitmischende Teampsychologin Birgit Prinz noch aktiv war.