Ausgerechnet Mittelstürmerin Lea Schüller fällt für das wichtige EM-Gruppenspiel gegen Spanien aus. Der deutschen Delegation ist kein Vorwurf zu machen.
Es war eine Selbstverständlichkeit, dass die deutschen Fußballerinnen in ihrem Teamquartier bei der EM in England Einzelzimmer beziehen würde, um sich gegen mögliche Corona-Fälle zu wappnen. Ein ganzer Seitenflügel im Hilton Syon Park im Stadtteil Brentford - mitten in der Einflugschneise des Flughafens Heathrow - ist für die DFB-Delegation reserviert. Mögen die Briten sich hartnäckig weigern, auch nur irgendwo noch Masken zu tragen, ist das tückische Virus ja nicht von der Insel verschwunden. Nun hat es bei der EM auch die DFB-Auswahl getroffen.
Lea Schüller wies vor dem wichtigen zweiten Gruppenspiel gegen Spanien (Dienstag, 21 Uhr) einen positiven Corona-Test auf. Bitter für die 24-Jährige, die sicher auch für das dritte Gruppenspiel gegen Finnland (16. Juli) ausfällt. "Die Angreiferin vom FC Bayern München verspürt nur leichte Symptome", teilte der DFB mit. Laut dem UEFA-Protokoll ist nach fünf Tagen ein Freitesten möglich - Symptomfreiheit vorausgesetzt.
"Eine euphorisierte Mannschaft trifft auf eine sehr starke Mannschaft", so ZDF-Expertin Kathrin Lehmann vor dem zweiten EM-Gruppenspiel der DFB-Frauen gegen Spanien.
Martina Voss-Tecklenburg kritisiert die UEFA
"Für uns heißt das in erster Linie, dass wir als Team noch näher zusammenstehen und für Lea spielen", sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die am Montagabend deutliche Kritik am europäischen Dachverband UEFA übte, der ihren Wunsch nach einem größeren Kader mit 26 Spielerinnen wie bei der letzten Männer-EM verweigert hatte:
Ihre Mittelstürmerin versuchte derweil, den Optimismus nicht zu verlieren: "Zwei Jahre lang habe ich es geschafft, es nicht zu bekommen (...) und einfach nur gehofft, es nicht während oder kurz vor der EM zu kriegen", schrieb Schüller bei Instagram. Die meisten Mitspielerinnen haben die Erkrankung schon hinter sich, schließlich waren der VfL Wolfsburg, der FC Bayern und auch Eintracht Frankfurt von jeweils größeren Ausbrüchen betroffen.
Alexandra Popp ist gerade genesen
In der EM-Vorbereitung hatte es in drei Trainingslagern nur einen einzigen Fall gegeben, aber Kapitänin Alexandra Popp überstand ihre Covid-Infektion recht rasch. Bei der Gala gegen Dänemark (4:0) gelang der 31-Jährigen das erste EM-Tor, nachdem sie für die ebenfalls erfolgreiche Schüller nach gut einer Stunde ins Spiel kam.
Doch Popp kann nach ihrer langen Verletzungspause das laufintensive Pressing unmöglich über 90 Minuten durchhalten. Vieles deutet daraufhin, dass sie sich die Aufgabe mit Stürmerin Laura Freigang teilt. Die 24-Jährige hat nur 13 Länderspiele gebraucht, um neun Treffer im DFB-Dress zu erzielen.
Umgang bleibt eine Gratwanderung
Der Umgang mit der Corona-Problematik bleibt derweil schwierig. Man will den Spagat zwischen nötiger Vorsicht und ein bisschen Freiheit wagen - und setzt dabei auf die Verantwortung jedes einzelnen Delegationsmitglieds. Allein das Team hinter dem Team ist viel zu groß, um alle streng zu kasernieren. Das würde unweigerlich zum Lagerkoller führen
Man könne aber das Risiko nicht zu 100 Prozent minimieren. Gerade wenn sich Spielerinnen, aber auch Staff-Mitglieder mit Freunden, Eltern oder Angehörigen treffen. Alle sind angehalten, sich bei solchen Zusammenkünften nur im Freien aufzuhalten. Verwunderlich wirkt allerdings, wie lax selbst bei offiziellen UEFA-Terminen mit der Problematik umgegangen wird.
Österreich halfen Medientermine im Freien auch nicht
Pressesprecherin Annette Seitz wurde fuchsteufelswild, als am Tag vor dem EM-Auftakt skandinavische Journalisten im fensterlosen Presseraum des Community-Stadium von Brentford saßen, die erst nach einer deutlichen Ansage die Maske aufsetzten. Schüller aber hatte bislang keinen Medientermine absolviert.
Und auch Teams, die an dieser Stelle noch mehr Vorsicht walten lassen, können sich nicht schützen. Die Österreicherinnen stellen ihre Spielerinnen stets nur in eine Mixed Zone unter freiem Himmel auf einen Parkplatz im Pennyhill Park - aber auch sie sind vor Corona nicht gefeit. Vor der Abreise nach England hatte es Stürmerin Lisa Kolb getroffen, nun erwischte es vor Ort auch Laura Wienroither.