EM-Viertelfinale GER - AUT:Legionärinnen sind heiß auf Deutschland
von Frank Hellmann
20.07.2022 | 07:15
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13 österreichische Nationalspielerinnen sind bei deutschen Klubs unter Vertrag. Und es gibt noch einen Grund, weshalb das Viertelfinale gegen Deutschland ein Hingucker ist.
Sarah Zadrazil ist derzeit die vielleicht beste österreichische Fußballerin. Sie steht beim FC Bayern unter Vertrag.
Quelle: epa
Vermutlich musste das unweigerlich passieren. Wenn Österreich gegen Deutschland bei einem großen Turnier gegeneinander Fußball spielt, und der "Kleine" den "Großen" herausfordert, dann meldet sich Hans Krankl zu Wort. Nicht jeder nimmt den gut bezahlten Kolumnisten in der Alpenrepublik noch ernst, aber mit seiner Cordoba-Nummer kommt der Torjäger von einst offenbar immer noch durch.
Auch wenn es 44 Jahre her ist, dass Edi Finger am Mikrofon ganz narrisch wurde. Jetzt hat Krankl, inzwischen 69, sich zu den Frauen geäußert: "Ich bin zuversichtlich, dass Brentford unser zweites Cordoba wird. Ich glaube an unsere Damen - wir gewinnen 3:2." So wie er einst mit den Männern bei der WM 1978 in Argentinien.
Als Córdoba 1978wird das Fußball-Länderspiel bezeichnet, das am 21. Juni 1978 im Rahmen der Fußball-WM 1978 in Córdoba, Argentinien, ausgetragen wurde. Im letzten Spiel der Zwischenrunde unterlag der amtierende Weltmeister Deutschland der österreichischen Nationalmannschaft mit 2:3. Hans Krankl schoss Österreich dabei beinahe im Alleingang zur Sensation. Fast genauso in Erinnerung blieb die spektakulären Radio-Übertragung des "Österreichischen Rundfunks" durch ihren Reporter Edi Finger senior.
Irene Fuhrmann heckt einen Plan aus
Man könnte ja glaube, diese Aufmunterung wäre Österreichs Fußballerinnen vor dem EM-Viertelfinale gegen den Rekordeuropameister Deutschland (Donnerstag, 21 Uhr/ARD) wichtig, aber das Gegenteil ist der Fall. Es war einfach kein Thema im Trainingscamp nahe der englischen Ortschaft Bagshot, eine Zughaltestelle von Ascot mit seinem berühmten Pferderennen entfernt.
Hier ganz tief im Südwesten von London ist vom Trubel der Großstadt nichts zu spüren. Der Pennyhill Park ist wie gemacht für eine ungestörte Vorbereitung unter Teamchefin Irene Fuhrmann, die von der "Übermacht Deutschland" (O-Ton) spricht. Die Wienerin bringt vieles mit, was einen listigen Underdog auszeichnet: vor allem Sachlichkeit und Zurückhaltung. Dass 13 ihrer Spielerinnen in der deutschen Bundesliga unter Vertrag stehen, findet die 41-jährige Trainerin gut.
Unsere Legionärinnen brennen für dieses Spiel.
Irene Fuhrmann
Auf Sarah Zadrazil ist zu achten
So wie Carina Wenninger, die via Facetime mit der Klubkollegin Sydney Lohmann vom FC Bayern gesprochen hat. Die 31 Jahre alte Abwehrchefin kam bereits als 16-Jährige nach München, geht nun aber auf Leihbasis zu AS Rom. An diesem Wendepunkt nun ein "Allstar-Game" (Wenninger) zu bestreiten, zaubert ihr ein Strahlen in die blauen Augen. Aus ihrer Sicht wird es auf eine "extreme Körperlichkeit" ankommen: "Wir werden nie Ruhe im Spiel haben."
Am Donnerstag müssen die deutschen Frauen im EM-Viertelfinale gegen Österreich ran. Nach zwei trainingsfreien Tagen stand eine sehr heiße Übungseinheit in London auf dem Programm.
Insofern braucht es technische beschlagene Spielerinnen wie Sarah Zadrazil, die aktuell die vielleicht beste Fußballerin der Alpenrepublik ist. Vor der Mittelfeldspielerin vom FC Bayern ziehen viele den Hut, weil sie jedes Jahr noch ein bisschen besser geworden ist. Nun bestreitet die 29-Jährige ausgerechnet gegen viele Bekannte ihr 100. Länderspiel. "Optimal wäre noch, wenn wir gewinnen, dann werde ich das nie vergessen." Die Rollenverteilung David gegen Goliath findet sie "ganz cool".
Gute Erinnerungen ans EM-Viertelfinale 2017
Bei genauerer Betrachtung der spielerischen Fertigkeiten beider Kontrahenten ist der Austria-Heimflug ja kein unrealistisches Szenario.
Deutschland ist die bessere Mannschaft. Aber wir hoffen, Europa ein bisschen schocken zu können.
Sarah Puntigam
Österreichs Rekordnationalspielerin Sarah Puntigam, die kommende Saison für den 1. FC Köln spielt, gibt die Abräumerin vor der Abwehr und erinnert sich nun gerne ans EM-Viertelfinale 2017 gegen Spanien, als die Österreicherinnen nach dem Elfmeterschießen jubelten. Zudem hat das ÖFB-Team in acht EM-Spielen 2017 und 2022 erst ganze zwei Gegentore kassiert. Ist das vielleicht wieder der Plan? 0:0 nach 120 Minuten und dann Nervenkitzel vom Kreidepunkt?
Die Musikbox spielt eine wichtige Rolle
In den Niederlanden zogen damals alle mit der Musikbox durch die Katakomben. Auch zuletzt waren die Österreicherinnen wieder das stimmungsvollste Team des Turniers. Die wummernde Anlage haben die rot-weiß-roten Feierbiester natürlich auch diesmal mitgebracht.
Wir wollen die gesamte Euro als Belohnung betrachten. Wenn wir verkrampft wären, würde nicht eine solche Leistung rauskommen.
Irene Fuhrmann
Ganz egal wie es am Donnerstag ausgeht, soll nach dem Match gegen Deutschland im Community Stadium von Brentford von den Österreicherinnen vor ihrem Fans die inoffizielle Nationalhymne "I am von Austria" von Rainhard Fendrich geschmettert werden. Vermutlich summt zuhause auch Legende Krankl mit.