Der Streit zwischen Frankreichs Stürmerstars Kylian Mbappé und Olivier Giroud zeigt mal wieder, welch schwierigen Job Nationaltrainer Didier Deschamps hat.
Wenn kurz vor Anpfiff die Akteure der französischen Nationalmannschaft von Trainern und Betreuern mit der letzten Aufmunterung versehen werden, stellt sich Didier Descamps gerne in den Türrahmen. Der Nationaltrainer kommt seinen Spielern hier noch einmal ganz nahe, reicht die Hand, gibt einen Klaps oder sagt: "Marchez!" - "Geht raus!".
Frankreich - Deutschland am Dienstag live im ZDF
Es muss auch bald losgehen für den Weltmeister, der sich vor seinem EM-Auftaktspiel (Dienstag 21 Uhr/ZDF) in München in der Gruppe F gegen Deutschland fast schon alberne Aufgeregtheiten geleistet hat.
Mal wieder wabert eine Grundsatzdebatte über den Gemeinsinn seiner Mannschaft durchs Land, nachdem doch lange alles gut war. Alles entzündet sich an einem Halbsatz, den Olivier Giroud nach dem letzten Testspiel gegen Bulgarien (2:0) hingeworfen hatte: Die Bälle kommen nicht.
Dabei hatte der 34-Jährige als Einwechselspieler für den angeschlagenen, nun aber gegen Deutschland einsatzbereiten Rückkehrer Karim Benzema einen Doppelpack geschnürt.
Der französische Nationaltrainer Didier Deschamps über das EM-Duell gegen Deutschland und die Bedeutung des ersten Spiels für den weiteren Turnierverlauf.
Mbappé fühlte sich zu Unrecht von Giroud attackiert
Dass hinter der Beschwerde des mit 46 Toren erfolgreichsten Länderspiel-Torschützen hinter Thierry Henry (51) eine indirekte Attacke auf Überflieger Kylian Mbappé und seinen Eigensinn steckte, war schnell klar.
Und das sah offenbar auch der Weltstar von Paris Saint-Germain so, der nicht nur um einiges schneller als der Kollege vom FC Chelsea ist, sondern ihn auch in der internen Hierarchie überholt hat. Am Sonntag auf der Pressekonferenz machte der 22-Jährige aus seinem Unmut über Girouds Aussage keinen Hehl: "Er hat es zur Presse gesagt, nicht zu mir. Ich bevorzuge es, wenn er direkt zur mir in der Kabine spricht. Er weiß, wo ich in der Umkleidekabine bin."
Trainer Deschamps als Moderator gefragt
Auch wenn Mbappe von einer "Mikro-Episode" sprach, haben solche Eifersüchteleien in Frankreich fast traditionell das Potenzial zum Spaltpilz. Einmal mehr ist Deschamps als Moderator gefragt, der mit Amtsantritt am 8. Juli 2012 wusste, dass ein "sélectionneur" immer auch ein bisschen Kindergärtner für verhätschelte Kicker spielen muss. Doch zwischen kindischen Streitereien und tieferliegenden Dissonanzen ist es oft nur ein schmaler Grat.
Gerade in Corona-Zeiten, wo die individuellen Freiräume fehlen. Erstmal war es klug von Deschamps, dass er ein mediales Solo Mbappés verhinderte. Der 22-Jährige wollte, wie er sogar zugab, eigentlich schon am Donnerstag zur Pressekonferenz, um seinen Standpunkt auszudrücken. Der Nationaltrainer verhinderte dies, erst redeten die Streithähne miteinander.
Auch Benzema hat schon gelästert
Vom Tisch ist der Zwist trotz allem nicht, weil sich an Girouds Fähigkeiten auch schon mal Benzema gerieben hat, als dieser vor zwei Jahren über einen Vergleich zwischen ihm und dem Konkurrenten bei Instagram schrieb: "Man vergleicht die Formel 1 nicht mit Kartfahren."
Doch Fakt ist eben auch, dass sich der bisweilen etwas ungelenk wirkende Stoßstürmer Giroud auf dem Weg zum WM-Titel nie zu schade war, für die Kollegen Mbappé und Antoine Griezmann mit seiner körperlichen Präsenz erst Räume zu schaffen. Dieses Arbeitsethos stellte Deschamps in Russland immer wieder heraus; nun kann er seine Nummer 9 unmöglich fallen lassen.
Seelenpflege für Mbappé und Co.
Im Grunde verdeutlicht die Causa nur, wie viel Seelenpflege die Stars benötigen - und wie angespannt selbst die Favoriten vor einem Turnier sind. Deschamps wird hinter den Kulissen wieder auf seinen Leitsatz hingewiesen haben, der ihn schon durch seine Weltkarriere als Spieler mit 103 Länderspielen führte:
Eigentlich sollte das auch Weltstar Mbappé wissen, der sich bei Interviewterminen schon mal entschuldigt, wenn er nur zwei Minuten zu spät ist. Wird Zeit, dass es losgeht.
Bilanz Frankreich - Deutschland
- 14 Siege für Frankreich, zehn für die DFB-Elf, sieben Untenschieden
- Die letzten Begegnungen: Frankreich - Deutschland 2:1 (Nations League 2018), Deutschland - Frankreich 0:0 (NL 2018), Deutschland - Frankreich 2:2 (Testspiel 2014)
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