Portugal hat fünf Jahre nach dem EM-Titel noch mehr Qualität im Kader. Die DFB-Elf muss gegen den Titelverteidiger gewarnt sein. Nicht nur wegen Ronaldo.
Es kann vielleicht im Einzelfall doch die EM der kurzen Wege werden. Zumindest, wer das Turnier so angeht wie Portugals Nationalmannschaft. Der Titelverteidiger hat sein Teamquartier auf die schöne Magareteninsel im Herzen von Budapest gelegt.
Von der grünen Wohlfühloase ist es nicht weit bis ins Illovszky-Rudolf- Stadion, die schmucke Heimstätte des ungarischen Traditionsvereins Vasas Budapest. Hier präparieren sich Cristiano Ronaldo und Co. vor dem Duell gegen Deutschland (Samstag 18 Uhr/ARD) auf einer fast schon klinisch reinen Anlage.
Fernando Santos - der "Ingenieur"
Nach dem 3:0-Auftaktsieg gegen Ungarn in der Puskas-Arena ist die Stimmung bestens, bei den Trainingseinheiten wird gelacht und geflachst. Den strengsten Blick legt noch Trainer Fernando Santos an den Tag, den sie aufgrund seiner Ausbildung gerne "Ingenieur" nennen. Der 66-Jährige ist kein großer Redner, aber die akribische Vorbereitung schätzen die Stars der Seleção.
Dass das deutliche Ergebnis gegen die Magyaren über einen zähen Auftritt hinwegtäuschte, will Santos nicht verschweigen: "Wir müssen uns weiterentwickeln."
Die Augen werden sich in München unweigerlich wieder auf Ronaldo richten, der bei seiner fünften EM-Teilnahme vor Ehrgeiz sprüht und jetzt mit elf EM-Treffern als Rekordtorschütze geführt wird. Der 36-Jährige ist mit seiner Karriere im Nationaltrikot und auf Vereinsebene lange nicht fertig.
Deutschland ist ein Gegner, mit dem Ronaldo noch einige Rechnungen offen hat, wer an die peinliche Abreibung zum WM-Auftakt 2014 (0:4) oder das dramatische EM-Viertelfinalaus 2008 (2:3) denkt. Dass der Modellathlet von der Blumeninsel Madeira auch im fortgeschrittenen Alter alles mitbringt, um gegen Deutschland den Spielverderber zu mimen, ist unbestritten – auch wenn ein Treffer gegen die DFB-Auswahl ihm erstaunlicherweise noch fehlt.
Santos gibt Ronaldo Stammplatz-Garantie
Santos hat Ronaldo eine Stammplatz-Garantie gegeben. "Keine Mannschaft der Welt kann ohne den besten Stürmer der Welt besser sein als mit ihm." Er will seinen instinktsicheren Torjäger so nah wie möglich am gegnerischen Strafraum postieren, der Rest der Hochbegabung liefert zu.
An Unterhaltungskünstlern in direkter Umgebung herrscht kein Mangel; Bernardo Silva (Manchester City), Bruno Fernandes (Manchester United), João Felix (Atletico Madrid) und Diogo Jota (FC Liverpool) sind in europäischen Topklubs unterwegs, dazu kommt mit André Silva (Eintracht Frankfurt) noch der zweitbeste Bundesliga-Torschütze.
Pepe und Ruben Dias halten Abwehr zusammen
In der Defensive hat Santos sich für ein Gespann aus Alt und Jung entschieden: Routinier Pepé, immerhin schon 38, verteidigt gemeinsam mit Ruben Dias, 24, der in England gerade zum "Premier League Player of the Season" ausgezeichnet wurde, zum besten Spieler der Saison. Der Abwehrmann von Manchester City hätte zum Auftakt gegen Ungarn aber die Gelb-Rote Karte sehen können, wirkte nicht immer souverän.
Viele glauben jedoch, dass der portugiesische Kader mehr Klasse vereint als beim EM-Triumph 2016. Dort quälten sich Ronaldo und Co. in der Vorrunde zu drei Unentschieden gegen Island, Österreich und Ungarn – und benötigte anschließend gegen Kroatien die Verlängerung, gegen Polen das Elfmeterschießen, um sich dann endlich im Halbfinale gegen Wales zu einer überzeugenden Vorstellung durchzuringen.
Die latente Kritik an der defensiven Spielweise ließ Santos so locker an sich abprallen wie die ständigen Hinweise, dass Rauchen nicht gesund sei. Er soll diesmal sogar so viele Zigaretten eingepackt haben, dass der Vorrat bis zum Finale in London reichen würde.
Bilanz Portugal - Deutschland
- Zehn Siege für Deutschland, drei für Portugal, fünf Unentschieden
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