Nach dem Finaleinzug brechen bei Eintracht Frankfurt alle Dämme. Im Europa-League-Finale gegen die Glasgow Rangers soll der zweite Europapokalsieg der Vereinsgeschichte her.
Es war kurz vor Mitternacht, als plötzlich Bedienstete vom Catering im Laufschritt durch die Katakomben der Frankfurter Arena hasteten. Sie trugen Kisten mit Flaschenbier in Richtung jener Kabine, aus der wummernde Bässe dröhnten: Wenn schon der eigene Anhang an einem einmal mehr magischen Europacup-Abend bei Eintracht Frankfurt völlig aus dem Häuschen geriet, denn war es auch den Spielern nach dem Einzug ins Endspiel der Europa League gestattet.
"Da war einiges los", sagt Markus Wolsiffer über die Feierlichkeiten in Frankfurt nach dem Einzug der Eintracht ins Europa-League-Finale.
Der 1:0-Rückspielsieg gegen West Ham United (Torschütze Rafael Borré, 26.) hat nach dem 2:1 im Hinspiel dafür gesorgt, dass der hessische Bundesligist die Endstation Sehnsucht seiner Traumreise erreicht: das Finale am 18. Mai gegen die Glasgow Rangers in Sevilla. Eine Konstellation, die auch Trainer Oliver Glasner um Fassung ringen ließ: "Geiler Gegner mit geilen Fans." Und zum Finalort: "Super Stadion, tolle Stadt."
Trainer Oliver Glasner ist riesig stolz
Er sei "riesig stolz auf die Mannschaft, dass wir ungeschlagen ins Endspiel einziehen. Jeder der an diesem wunderbaren Abend dabei war, wird es sein Leben nicht vergessen". Tatsächlich erklärte der Österreicher somit, warum es in der brodelnden Arena im Stadtwald gar kein Halten mehr gab: Da stürmten die Anhänger nämlich mit Schlusspfiff des spanischen Referees Jesus Gil Manzano, der mit einer Roten Karte gegen Aaron Cresswell wegen Notbremse (19.) den Spielverlauf entscheidend beeinflusst hatte, den Innenraum.
Kurzzeitig sah es auf dem Rasen chaotisch aus, als einige Frankfurter Ultras sich unnötigerweise vor dem Gästeblock aufbauten, doch dann ließen sich die Anhänger hinter eine Sperre aus Sicherheitskräften direkt vor der Nordwestkurve bringen. Eintracht-Präsident Peter Fischer wollte auf Fanseite kein Fehlverhalten erkennen: "Das ist Frankfurt, das ist die pure Freude."
- Frankfurts Traum vom Finale lebt
Eintracht Frankfurt stößt mit einem 2:1-Auswärtssieg bei West Ham United die Tür zum Endspiel der Europa League auf. Die Hessen legen in London einen reifen Auftritt hin.
Finaler Showdown in Sevilla
Für das fast gewohnt heisere Sprachrohr des 100.000-Mitglieder-Vereins kann es beim finalen Showdown in Sevilla nicht besser kommen: "Da spielt Tradition gegen Tradition - Weltklasse. Uns erwartet eine sehr athletische Mannschaft, aber jetzt wollen wir das Ding holen", rief der 68-Jährige aus.
Auch Glasner bat, bevor die Europäische Fußball-Union (Uefa) die Vorgänge rund um den Platzsturm untersucht, um Verständnis: "Es ist ja nichts passiert. Sie wollten halt ihre Lieblinge mal drücken. Es waren nur Freude und Emotionen." Ansonsten erklärte der 47-Jährige bereitwillig, was die Stärke seines Ensembles auf internationalem Parkett ausmacht. "Es ist eine Atmosphäre im Klub, in der Stadt, die dich mitreißt. Da müssen wir abliefern; und da schaffen wir es, dass wir emotional drüber sind. Leider sind wir in der Liga dann emotional drunter."
Über die Bundesliga wird sich Eintracht Frankfurt nicht für den Europapokal qualifizieren: Im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim musste sich Frankfurt mit einem 2:2 begnügen.
Krösche spricht von Meilenstein
Verein, Stadt und Fans sind Feuer und Flamme für das dritte Europapokalendspiel der Vereinsgeschichte, das auch deswegen so bedeutsam ist, weil der Europa-League-Sieger direkt in die Champions League einzieht. "In der Konsequenz wäre das ein Meilenstein", räumte Sportvorstand Markus Krösche ein, der ohne Umschweife festhielt:
Doch auch Krösche kennt den körperbetonten Wesenskern des schottischen Widerparts, der sowohl Borussia Dortmund als auch RB Leipzig eliminiert hat.
In einem wahren Husarenritt durch Europa krönten sich die "Eurofighter" des FC Schalke 04 in der Saison 1996/97 mit dem UEFA-Cup-Sieg. Was zeichnete dieses unvergessene Team aus?
1960 unterlag die Eintracht im Europapokal der Landesmeister gegen Real Madrid (3:7), gewann aber 1980 den Uefa-Cup gegen Borussia Mönchengladbach (2:3, 1:0). Der zweite Anlauf auf dieselbe vor 42 Jahren gewonnene Trophäe versetzt den Klub in einen Ausnahmezustand. Mit Minimum 15.000 Fans wird im Stadion Ramón Sánchez-Pizjuán gerechnet.
Trapp: Schönster Moment der Karriere
Nicht umsonst hatten sich die Spieler T-Shirts mit der Aufschrift "Sevilljaaaaa! - in diesem Jahr" übergestreift - ein Vorgeschmack auf die Emotionen, die die Dienstreise gen Andalusien begleiten. Kevin Trapp hatte bereits am Donnerstagabend feuchte Augen, als der Nationalkeeper zu später Stunde im Presseraum verriet: "Das ist der schönste Moment meiner Karriere."
- Europa League in Zahlen
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