Europa League: Götzes weltmeisterliche Kunstwerke

Das Grinsen aus seinem Gesicht wollte gar nicht mehr weichen. Und Mario Götze muss auch gar nicht mehr mittendrin stehen, wenn sich die Mitspieler von Eintracht Frankfurt vor der Nordwestkurve zur Feierstunde versammelt. Diesmal stand der Matchwinner bereits am Interview-Tisch, als die Protagonisten noch Ovationen empfingen.

Mit einem Doppelpack beim 4:1-Heimsieg im Europa-League-Achtelfinale gegen Ajax Amsterdam hatte der Altmeister zwei Kunstwerke mit weltmeisterlichem Anstrich zelebriert.

Der hessische Bundesligist trifft nun im Viertelfinale am 10. und 17. April auf Tottenham Hotspur. Dieser Europapokalabend untermauerte bei der Eintracht die Erkenntnis, dass der aktuelle Perspektivkader einen routinierten Ruhepol wie Götze dringend benötigt.

Sportvorstand Markus Krösche, der nach dem Europa-League-Triumph 2022 die Verpflichtung vom PSV Eindhoven eingefädelt hatte, wollte nicht von Götzes bestem Spiel im Eintracht-Trikot sprechen, denn: "Er hat viele gute Spiele gemacht. Aber es zeigt, wie wichtig Mario gerade für diese junge Mannschaft ist. Er ist immer wieder Fixpunkt in unserem Spiel."

Auch Trainer Dino Toppmöller lobte: "Er spielt halt sehr mannschaftsdienlich, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Er hat diese fußballerische Ruhe – da ist er ein Champions-League-Spieler, das wissen wir." Angesprochen auf den neu entdeckten Torinstinkt seiner Nummer 27 scherzte der Coach: "Ich habe ihm gesagt: Wir nehmen ihm jetzt die Zwei vom Trikot weg. Dann kann er wie Omar (Marmoush) die Sieben tragen und in seine Fußstapfen treten. Da hat er nur gelacht."

Bei Götzes Auswechslung spendeten die meisten der 57.500 Zuschauer ausgiebig Beifall. Auch viele jüngere Kollegen staunten über dessen reife Leistung. "Mario ist ein außergewöhnlicher Spieler. Er weiß genau, wenn er ein Spiel beruhigen oder beschleunigen muss. Er ist ein großartiger Leader", lobte Jean-Matteo Bahoya, der das frühe 1:0 besorgt hatte (7.).

Zweifel am Weiterkommen ließen die Hessen nie aufkommen. Auch dank Götze, der nicht zuließ, dass sich die Fehler bei der Heimpleite gegen Union Berlin (1:2) wiederholten: "Diesmal sind wir dran geblieben und haben das Spiel gekillt." Nach Musterpass von Robin Koch von der Mittellinie nahm er den Ball mit der Brust an, drehte sich und hob gekonnt zum 2:0 die Kugel in den Winkel (25.).

Nachdem Kenneth Taylor das Ehrentor erzielt hatte (78.), war es erneut der ballsichere Taktgeber, der das Spielgerät zielsicher nach Aussetzer von Torwart Matheus Magalhaes aus rund 40 Metern ins verwaiste Gehäuse hob (82.). Insgesamt stimmten Leistung und Haltung, um von Bilbao träumen zu können – im Estadio de San Mamés wird am 21. Mai das Europa-League-Finale ausgetragen.

"Wir wissen, wie schwer es wird“, sagte Götze, "aber wenn man einen Wettbewerb spielt, will man ihn auch gewinnen." Womit jedoch kaum jemand gerechnet hatte, dass der niederländische Renommierverein nur ein besserer Sparringspartner war, weil der italienische Coach Francesco Farioli auf zehn Positionen rotiert hatte. So kam die ganz in Weiß angetretene Eintracht unbefleckt durch diese K.-o-Runde.

Nach drei Liga-Niederlagen kam dieser Befreiungsschlag zur richtigen Zeit. "Es war das perfekte Spiel und die perfekte Antwort", freute sich Toppmöller. "Wir waren in beiden Spielen die bessere Mannschaft: 6:2 gegen den holländischen Meister kann sich sehen lassen." Im Auswärtsspiel beim VfL Bochum wird sich am Sonntag zeigen, ob das Hochgefühl auch in der Bundesliga trägt. Götze forderte als Wortführer vom Donnerstag: "Wir müssen in zwei Wettbewerben alles abrufen."