Es kündigt sich in England eine Frauen-EM der Rekorde an. Dennoch kommt Kritik an den teilweise zu kleinen Stadien auf. Wie passt das zusammen?
Die Bühne zur Eröffnung konnte pompöser und mächtiger kaum sein. Wenn am Mittwoch die 13. Frauen-Europameisterschaft mit der Begegnung zwischen Gastgeber England und Österreich beginnt, dann kommt das Old Trafford in Manchester gerade recht.
"Theatre of dreams", Theater der Träume, hat Sir Bobby Charlton mal die 1910 eröffnete Spielstätte von Manchester United genannt, die 74.000 Plätze bietet und nun ausverkauft sein wird. An einem legendären Ort des Männerfußballs wird nun ein wichtiger Meilenstein für den Frauenfußball gesetzt.
Schon 500.000 EM-Tickets verkauft
Die Dachorganisation UEFA kündigt eine EM der Rekorde auf vielen Ebenen an. Und wer auf der Insel spürt, mit welcher Inbrunst sich die beteiligten Institutionen, von Sport, Kultur, Medien und Gesellschaft darauf stürzen, dann klingt das nicht mal übertrieben. 500.000 der rund 700.000 zur Verfügung stehenden Tickets sind nach Angaben der UEFA verkauft.
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Übrigens sind 43 Prozent der Karten-Abnehmer weiblich, ein Fünftel Jugendliche unter 16 Jahren. Mit der personalisierten Abgabe - bei Übertragung des elektronischen Tickets auf ein Smartphone müssen alle Daten angegeben werden - haben die Organisatoren einen genauen Überblick, wer in die Stadien geht. Auch das Endspiel in Wembley am 31. Juli wird ausverkauft sein. Doch neben den ganz großen Arenen werden unter den zehn EM-Stadien auch einige sehr kleine Stadien genutzt.
Kritik an kleinen Spielstätten
Das Academy Stadium von Manchester weit im Osten der Stadt bietet nur 4700 Plätze, ist aber Schauplatz für drei Gruppenspiele. Auch im Leigh Sports Village (8000) oder im New York Stadium von Rotherham (12.000) ist nicht gerade viel Platz. Daran entfacht sich nun vermehrt Kritik.
Christa Kleinhans und Anne Trabant-Haarbach mussten als Fußballerinnen Ressentiments erdulden, die für heutige Generation, die Nadine Angerer mitgeprägt hat, unvorstellbar sind.
"Ich hatte gehofft, dass es sich ändern könnte", sagte die schwedische Nationalspielerin Hanna Glas vom FC Bayern. Die Isländerin Sara Björk Gunnarsdottir, früher für den VfL Wolfsburg am Ball, nannte die Mini-Spielstätte auf dem Etihad Campus der Citizens gar "peinlich".
Nadine Keßler verteidigt das Vorgehen
Nadine Keßler, die Abteilungsleiterin Frauenfußball der UEFA, erklärt, warum bei den Planungen 2018 nicht größer gedacht wurde. "Dieses Gesamtkonzept hat der englische Verband zusammen mit den Städten und Klubs entwickelt. Es stehen jetzt rund 700.000 statt 430.000 Tickets bei der EM 2017 zur Verfügung."
Dort habe der Zuschauerschnitt bei Partien ohne Beteiligung von Gastgeber Niederlande bei knapp 5000 gelegen.
"Deshalb war die Stadienwahl keine Fehlentscheidung", so Keßlers Einschätzung.
Englands Verband wehrt sich gegen die Kritik
Auch Englands Verband (FA) wehrt sich gegen die Kritik. "Wenn Sie glauben, dass die Leute unsere Tür eingetreten hätten, um Spiele auszurichten, täuschen Sie sich", sagte FA-Vorstandschef Mark Bullingham. Man hatte bei der Planung noch gut im Kopf, dass bei der EM 2017 in den Niederlanden insgesamt 247.041 Zuschauer kamen.
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Bullinham gesteht ein: "Die Veranstaltung, die wir diesen Sommer durchführen, wird weitaus größer sein als die Veranstaltung, die wir geplant und erwartet haben, als wir uns beworben haben."
Entwicklung überrascht selbst Experten
Der Frauenfußball hat sich auf internationaler Ebene selbst überholt, findet auch Keßler. "Es ist schon verrückt, wie groß das Interesse geworden ist", sagt die ehemalige deutsche Nationalspielerin. Wer konnte damit rechnen, dass der FC Barcelona im neuen Format der Women’s Champions League gleich zwei Mal im vollen Camp Nou antritt?
Schon 2005 fand eine Frauen-EM in England an: Damals kamen 29.092 Menschen zum Eröffnungsspiel zwischen England und Finnland (3:2) ins Stadion von Manchester City, die BBC übertrug live. Der Zuschauerschnitt lag für die 15 EM-Spiele damals bei knapp 8000. Wegmarken, die jetzt wie selbstverständlich fallen.
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