Auf dem Weg zur WM 2023: Feinarbeit bei den DFB-Frauen
Auf dem Weg zur WM 2023:Feinarbeit bei den DFB-Frauen
von Frank Hellmann
06.09.2022 | 07:54
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Nach der erfolgreichen Qualifikation für die WM 2023 stehen bei den deutschen Fußballerinnen einige Experimente an. Die ersten finden jetzt in Bulgarien statt.
Pflicht erfüllt, nun beginnt für die deutsche Mannschaft mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (mitte) die Vorbereitung auf die WM 2023.
Quelle: reuters/Murad Sezer
Es gehört zu den guten Gepflogenheiten im DFB, dass nach jedem großen Frauen-Turnier wie EM oder WM eine umfassende Analyse erstellt wird. Tatkräftig arbeitet daran Silvia Neid mit, die eine schier unfassbare Titelsammlung als Aktive und Trainerin vorweisen kann. Noch immer ist die 58 Jahre alte Leiterin der Abteilung Scouting erstaunt, wie schnell sich Technik und Taktik verändern, wie stark sich Athletik und Tempo im Frauenfußball verbessern.
Fehleranalyse der EM 2022
Ihre Expertise will auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nicht missen, auch wenn sie eine völlig andere Form der Mannschaftsführung pflegt. Die 54-Jährige wartet nach eigenem Bekunden mit Spannung auf die Ergebnisse aus der Analyse der EM in England.
Denn ein kleiner, finaler Schritt hat ja gefehlt, um das Turnier mit dem neunten EM-Titel zu krönen. Bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August 2023) wieder mindestens das Halbfinale zu erreichen, ist der Anspruch.
Von der Bank kam bei der EM 2022 zu wenig
Intern ist schon ermittelt, dass im EM-Finale gegen England (1:2 nach Verlängerung) der Input der Nachrückerinnen und Einwechselspielerinnen verbesserungsfähig gewesen wäre.
Der Kader soll und muss also in der Breite besser werden. Und deshalb kommt nach der mit dem Sieg über die Türkei gesicherten WM-Qualifikation nun das abschließende Pflichtspiel in Bulgarien (Dienstag, 18.30 Uhr / ARD) wie gerufen.
Voss-Tecklenburg lässt rotieren
"Wir werden nicht nur ein bisschen, sondern viel rotieren", kündigte Voss-Tecklenburg nach der Ankunft in Plovdiv an. Alle Feldspielerinnen, die am Samstag gegen Türkei nicht gespielt hatten, sollen zum Einsatz kommen.
Sicher werden die vielen Rochaden den Spielfluss nicht fördern, und auch der Rasen bereitet der Bundestrainerin einigen Kummer ("Wir werden keine guten Rahmenbedingungen haben"), aber Nationalspielerinnen wie Laura Freigang oder Sydney Lohmann lechzen nach dem Gefühl, häufiger gebraucht zu werden.
Almuth Schult steht wieder im Tor
Dann sind da auch noch Sjoeke Nüsken und Jana Feldkamp, die kurz vor Nominierungsschluss aus dem Kader flogen - nun aber wieder dabei sind. Zudem wird Almuth Schult wieder einmal im DFB-Tor stehen.
Die EM lief für sie nicht so wie gewünscht, aber als Person und als Persönlichkeit gibt sie uns einen besonderen Mehrwert.
Martina Voss-Tecklenburg über Almuth Schult
Das letzte von 64 Länderspielen der 31-Jährigen war das verlorene WM-Viertelfinale 2019 gegen Schweden. Verletzungs- und Babypause bedeuteten eine lange Auszeit, danach funkten Corona und erneut die Schulter dazwischen.
Echte Härtetests für die DFB-Frauen im Herbst
Nach der Pflichtaufgabe in Bulgarien kann sich der Vizeeuropameister seine Gegner aussuchen. Vergleichsmöglichkeiten auf allerhöchstem Niveau sind angesagt, um das Level zu heben.
Insofern sind die Härtetests im Herbst bedeutsam: Erst steht am 7. Oktober in Dresden die Neuauflage des EM-Halbfinals gegen Frankreich an, einen Monat später folgt eine USA-Reise mit einem Prestigeduell bei den Weltmeisterinnen.
Die Viererkette braucht mehr Optionen
"Das ist, was wir brauchen im Hinblick auf die WM. Da können wir auch die Spielerinnen, die bei der EM nicht ganz so viel gespielt haben, in den hochkarätigen Wettkampfmodus bekommen", sagt Voss-Tecklenburg.
Die Cheftrainerin benötigt speziell in der Innenverteidigung und auf den Außenverteidigerpositionen noch mehr Alternativen auf internationalem Topniveau, soll die erste WM-Medaille seit 2007 herausspringen. Mittelfeld und Angriff scheinen hingegen bestens bestückt.
Wenig Kummer wegen Mittelfeld und Angriff
Zu viel sollte sie aber auch nicht in den Experimentiermodus wechseln. Ihre Vorgängerin Silvia Neid war eine Verfechterin davon, auch in Freundschaftsspielen die beste Elf aufzustellen, um gute Ergebnisse einzufahren und attraktive Spiele anzubieten.