Frauenfußball-WM 2023: FIFA-Rache für Katar-Kritik des DFB?

    Fußball-WM der Frauen 2023:FIFA-Rache für Katar-Kritik des DFB?

    von Frank Hellmann
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    Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bekommt die Allmacht des Weltverbandes für seine Katar-Kritik zu spüren. Eine erste Leidtragende könnte Schiedsrichterin Riem Hussein sein.

    Fußball-Schiedsrichterin Riem Hussein
    Fußball-Schiedsrichterin Riem Hussein
    Quelle: imago/foto2press

    Mit einem Freudensprung und einem Silvesterlauf ist Riem Hussein ins neue Jahr gestartet. Das belegt ihr letzter Post auf ihrem Instagram-Profil. Doch dann begann 2023 für die erfahrenste deutsche Schiedsrichterin mit einem Schockmoment. Die viermal in Deutschland zur "Schiedsrichterin des Jahres" gewählte Apothekerin aus Bad Harzburg wurde nicht für die Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) nominiert, obwohl sie an allen Vorbereitungslehrgängen des Weltverbandes FIFA teilgenommen hatte.

    Bei der EM 2022 und der WM 2019 im Einsatz

    Allein Katrin Rafalski, und das auch nur als Assistentin, soll neben Videoassistent Marco Fritz den Deutschen Fußball-Bund (DFB) vertreten. Über Husseins Nicht-Berücksichtigung herrscht verbandsintern Verwunderung, zumal sie durch ihre palästinensische Abstammung auch eine integrative Rolle inne hat. Offiziell kommentieren will der DFB den Fall nicht. Die 42-Jährige pfeift nicht nur Spiele der Frauen-Bundesliga, sondern seit 2015 auch Partien der Dritten Liga. Als zweite deutsche Schiedsrichterin nach Bibiana Steinhaus-Webb kam sie früh auch im Männer-Profibereich zum Einsatz.
    Fifa-Schiedsrichterin Riem Hussein
    Für die deutsche Schiedsrichterin Riem Hussein ist die Frauen-WM in Frankreich das erste große Turnier. Auf den Videoassistenten will sie lieber nicht zurückgreifen müssen.09.06.2019 | 1:22 min
    Sie verantwortete bei der Frauen-EM 2022 den Kantersieg des späteren Europameisters England gegen Norwegen, bei der Frauen-WM 2019 pfiff sie insgesamt drei Partien, davon eines der späteren US-Weltmeisterinnen gegen Chile im Pariser Prinzenpark. "Die Stimmung damals war mitreißend und ich war schon vor dem Spiel ausgesprochen nervös - schließlich war es meine erste WM", sagte sie danach. 2021 leitete Hussein das Finale der Women’s Champions League zwischen dem FC Barcelona und FC Chelsea.

    Willkür statt Leistungsprinzip

    Eigentlich genug Referenzen, um abermals bei einem großen Turnier anzutreten. Hat der Weltverband vielleicht dem größten Sportfachverband der Welt eine Retourkutsche verpasst? Das wird aus dem FIFA-Council vermutet. Es ist ein offenes Geheimnis, dass FIFA-Präsident Gianni Infantino hinter den Kulissen ein System von Geben und Nehmen fördert – und gerne Kritiker bestraft, zu denen bei der Männer-WM in Katar der DFB gehörte.
    Hussein wollte sich auf Anfrage von ZDFheute nicht äußern und verwies auf die Zuständigkeit von FIFA und DFB. Pierluigi Collina als Vorsitzender der FIFA-Schiedsrichterkommission teilte mit, die aufgebotenen Spieloffiziellen für die Frauen-WM seien "die besten der Welt". Dabei hat der Italiener, eng mit Infantino verbandelt, schon bei der Männer-WM das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt.

    Der DFB hat an Einfluss verloren

    Das Spiel um den dritten Platz zwischen Kroatien und Marokko (2:1) pfiff Abdulrahman Al Jassim aus dem Gastgeberland Katar, dem die Spielleitung völlig entglitt. Marokkanische Akteure bedrängten danach in der Erregung sogar den FIFA-Boss. Zu diesem Zeitpunkt war der einzige deutsche WM-Schiri Daniel Siebert längst zuhause: Der Berliner musste nach der Vorrunde die Koffer packen. Die deutsche Auswahl war beim letzten Gruppenspiel gegen Costa Rica immerhin bei der Premiere der ersten WM-Schiedsrichterin (Stéphanie Frappart aus Frankreich) involviert.
    Fakt ist: Der krisengeplagte DFB hat auf internationaler Ebene an Einfluss eingebüßt. Fatal könnte das bei der Vergabe der Frauen-WM 2027 werden: Deutschland will zusammen mit den Verbänden der Niederlande und Belgien ein nachhaltiges Turnier im Dreiländereck ausrichten, die vier deutschen Spielorte mit Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und Köln sind ausgewählt.

    Hoffen auf die Frauen-WM 2027

    Doris Fitschen, DFB-Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball, kritisierte zuletzt, dass noch immer die Unterlagen der FIFA fehlen. Neben den Europäern hat bislang nur Südafrika eine Bewerbung angekündigt. Dem Vernehmen nach hat Infantino großes Interesse, eine Frauen-WM in einer Konföderation auszurichten, wo noch nie gespielt wurde. Der DFB hat nun beschlossen, in diesem Jahr offensiver seine Anwartschaft für die WM 2027 zu untermauern – und hofft auf einen fairen und transparenten Vergabeprozess im Sommer 2024.
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