Mit Nicole Kumpis steht erstmals seit 30 Jahren wieder eine Frau an der Spitze eines deutschen Fußball-Profiklubs. Die neue Präsidentin hat mit dem Drittligisten große Pläne.
Als Nicole Kumpis am späten Mittwochabend die erste Kampfabstimmung um die Vereinsführung bei Eintracht Braunschweig in der fast 127-jährigen Klubhistorie gewonnen hatte, musste die neugewählte Präsidentin erst einmal durchpusten. Denn immer noch sind Frauen an der Spitze eines Profiklubs die große Ausnahme. Und so wählte die 48-Jährige bei ihrer Dankesrede Worte voller Stolz: "Die Eintracht hat Geschichte geschrieben."
Kumpis hatte sich mit 472:411 Stimmen gegen den männlichen Mitbewerber Axel Ditzinger durchgesetzt. Die Abstimmung war nötig geworden, weil der bisherige Amtsinhaber Christoph Bratmann im November vergangenen Jahres abgewählt worden war.
Einzige Klub-Chefin im deutschen Fußball
Die 48-Jährige ist aktuell die einzige Frau, die einen der insgesamt 56 Klubs in den ersten drei Profiligen anführt. Und sie ist auch die erste Frau seit 30 Jahren, die das im deutschen Profifußball tut: 1991/92 spielte der TSV 1860 München unter seiner Präsidenten Liselotte Knecht für ein Jahr in der 2. Bundesliga.
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Mit der ehemaligen Hockey-Nationalspielerin Bettina Heinicke gehört nun auch eine zweite Frau als Vizepräsidentin zu Kumpis' Führungsteam. Doch der neuen Präsidentin geht es um weit mehr als die Geschlechterfrage.
sagte Kumpis: "Für unser Team spielt es keine Rolle, dass ich eine Frau bin."
Kumpis setzt Entwicklung fort
Auf den ersten Blick setzt die Wahl von Kumpis eine Entwicklung fort, die spätestens im vergangenen Jahr begann. Da gründeten prominente Frauen wie die Nationaltorhüterin Almuth Schult oder die ehemalige Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb die Initiative "Fußball kann mehr", die unter anderem mehr weibliche Führungskräfte im Fußball fordert. Im Januar übernahm dann Donata Hopfen den Vorsitz der Geschäftsführung bei der Deutschen Fußball Liga (DFL).
Mit Eintracht Braunschweig hat Kumpis, seit Kindertagen Eintracht-Fan und Besitzerin einer Dauerkarte in der Fankurve, ambitionierte sportliche Ziele. Der Meister von 1967 und aktueller Drittligist soll zurück in höhere Sphären des deutschen Fußballs.
Frauen mit Führungsqualitäten
Dass die 48-Jährige Führung kann, hat sie in ihrem Berufsleben als Vorständin beim DRK Braunschweig-Salzgitter längst bewiesen. Dies ist eine Parallele zur ersten Präsidentin eines Profiklubs: Gisela Schwerdt war ehrenamtliche Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Bielefeld und 1986 Präsidentin des damaligen Zweitligisten Arminia Bielefeld.
Ihrem Beispiel folgte Liselotte Knecht. Sie führte von 1988 bis 1992 den TSV 1860 München. Allerdings gehörten die Löwen nur in Knechts letztem Amtsjahr als Zweitligist dem Profifußball an, die drei Jahre zuvor verbrachte der Klub in der nur semi-professionellen drittklassigen Bayern-Liga.