Neu-Nationalspieler David Raum spricht über seine Umschulung zum Linksverteidiger - und warum er zweimal Bundestrainer Hansi Flick auf dem Handy weggedrückt hat.
Rückblickend muss David Raum schmunzeln, was ihm im Frühstadium dieser Saison passierte: Weil sich der 23-Jährige nach seinem Wechsel zur TSG Hoffenheim Ende August nach seinem Umzug neu einrichtete, habe er ständig Anrufe mit unbekannter Nummer auf dem Handy gehabt, erzählte der Linksverteidiger im aktuellen sportstudio.
Auf die Idee, dass sich unter den Anrufern nicht nur Lieferanten, sondern auch der Bundestrainer Hansi Flick befinden könnte, war er nach erst drei Bundesligaspielen nie und nimmer gekommen. Zwei Mal habe er daher die unbekannte Nummer in der Kabine "weggedrückt" - bis Flick dann per Whatsapp-Nachricht um Rückruf bat. "Da wäre mir fast das Handy aus der Hand gefallen." Für ihn sei das "eine Wahnsinnsnachricht" gewesen.
Linksverteidiger dringend gesucht
Raum gehört mittlerweile zur Garde der U21-Europameister, die sich bereits eine Stufe höher zeigen durften. Er debütierte für die DFB-Auswahl am 5. September mit einem Kurzeinsatz in Stuttgart beim Kantersieg gegen Rumänien (6:0), durfte zuletzt beim Auswärtserfolg in Skopje gegen Nordmazedonien (4:0) sogar durchspielen. Sein großer Vorteil: Die Planstelle als linker Außenverteidiger ist seit Jahren in der Nationalelf vakant: 14 verschiedene Kandidaten haben sich hier seit der WM 2014 versucht - und bereits in Brasilien war Benedikt Höwedes links hinten in der Viererkette eine Notlösung.
Derzeit ist das wieder eine Baustelle: Robin Gosens fällt wegen einer schweren Muskelverletzung noch bis Ende November aus – und steht auch nicht für die letzten bedeutungslosen WM-Qualifikationsspiele gegen Liechtenstein und Armenien zur Verfügung. Klar scheint: Marcel Halstenberg oder Nico Schulz erfüllen nicht mehr die Ansprüche. Flick stellte probehalber sogar Thilo Kehrer, der sich zentral oder rechts deutlich wohler fühlt, auf diese Position. Raum könnte also ein Vakuum füllen.
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Vorbild: Robertson vom FC Liverpool
Verständlich, dass er über seine bei der SpVgg Greuther Fürth erfolgte Umschulung vom Linksaußen zum Linksverteidiger sagt:
Der gebürtige Nürnberger, der bodenständig und bescheiden, gleichzeitig aber auch erstaunlich abgeklärt und zielgerichtet rüberkommt, verhehlt auch nicht, bei wem er sich besonders viel abgeschaut hat: Gewissermaßen Vorbild sei Andrew Robertson vom FC Liverpool gewesen, den Raum als Mentalitätsspieler sieht, verriet der blonde Überflieger.
Auch Jordi Alba vom FC Barcelona oder Alphonso Davies vom FC Bayern begannen vorn, um dann nach hinten zu rücken. In der vergangenen Saison stach Raum in der Fürther Aufstiegsmannschaft heraus, steuerte 15 Vorlagen (und ein Tor) zum überraschenden Sprung in die Beletage des deutschen Fußballs bei. "Ich habe regelmäßig zu den Jungs noch Kontakt. Da leidet man mit, das ist extrem bitter", sagte der Neu-Nationalspieler zur Niederlagenserie der Kleeblätter.
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Ablösefrei zur TSG Hoffenheim
Recht früh sicherte sich die TSG Hoffenheim die Dienste des ablösefreien Außenbahnspielers, nach dessen Verpflichtung der Direktor Profifußball, Alexander Rosen, sagte: "David ist ein hochveranlagter, extrem schneller Spieler mit einem starken Linksfuß, der sich zu einem der begehrtesten Außenverteidiger in Deutschland entwickelt hat." Die hohen Erwartungen hat Raum nicht enttäuscht.
Erst war er im Sommer maßgeblich am Titelgewinn der U21-Nationalmannschaft als Stammspieler unter Stefan Kuntz beteiligt, reiste dann auch noch mit dem deutschen Rumpfkader zu den Olympischen Spielen, ehe ihn Flick zuletzt unter seine Fittiche nahm. "Das war schon ein rasantes Jahr, in dem immer mehr dazu kam", blickt Raum zurück. Aber am Ziel wähnt er sich selbst noch nicht, denn dafür hat er selbst die höchste Messlatte aufgelegt: "Weltmeister werden und Champions League spielen!"