Bei Spielen der ungarischen Nationalmannschaft kommt es wiederholt zu rassistischen und homophoben Vorfällen. Torwart Peter Gulacsi nutzt seine Popularität, um dagegen anzukämpfen.
Bevor am vergangenen Samstag beim Spiel zwischen Ungarn und England in der Puskas Arena von Budapest der Ball rollte, ertönte von den Tribünen ein lautes Pfeifkonzert. Mal wieder, wie man bei einem Auswärtsspiel einer britischen Mannschaft in Ostmitteleuropa sagen muss.
Der bei Teams von der Insel übliche Kniefall vor dem Anpfiff, mit dem diese ein Zeichen gegen Rassismus setzen wollen, wird in der Region regelmäßig mit Buhrufen bedacht.
Proteste gegen ein homophobes Gesetz in Ungarn
So auch bei der Partie zwischen Ungarn und England, welche die Gastgeber mit einem 1:0 für sich entscheiden konnten. Es waren Pfiffe, die es eigentlich nicht hätte geben dürfen. Da ungarische Fans in der Vergangenheit mehrmals wegen diskriminierenden Verhaltens aufgefallen sind, verurteilte der europäische Fußballverband UEFA die ungarische Nationalmannschaft zu drei Heimspielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Ein Urteil, dass die Ungarn durch eine Lücke in den UEFA-Regularien umgingen. Diese lässt bei solchen Geisterspielen Kinder bis zum 14. Lebensjahr zu, wenn diese eingeladen und von einem Erwachsenen begleitet werden.
Beim heutigen Gastspiel der deutschen Nationalmannschaft dürfte es jedoch zu keinem Pfeifkonzert kommen. Schon deshalb, weil die deutschen Nationalspieler im Gegensatz zu dem Länderspiel gegen England in München am vergangenen Dienstag nicht den Kniefall gegen Rassismus zeigen werden.
"Für Ungarn ist jetzt nichts geplant", erklärte DFB-Direktor Oliver Bierhoff diese Woche in Herzogenaurach, wo die deutsche Nationalmannschaft für die drei Spiele der Nations League ihr Teamquartier bezog.
Diskriminierung sexueller Minderheiten
Das Auswärtsspiel der DFB-Elf in Ungarn steht aber dennoch unter besonderer Beobachtung. Grund dafür ist die EM-Partie zwischen Deutschland und Ungarn im vergangenen Jahr. Denn mehr als das sportliche Geschehen, dominierte damals ein in Ungarn verabschiedetes Gesetz, das angebliche Werbung für Homosexualität und Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen verbieten soll.
Als Zeichen der Solidarität mit der LGBTQ-Community in Ungarn, gab es in Deutschland die Forderung, die Münchener Arena, in der das Spiel stattfand, in Regenbogenfarben erleuchten zu lassen. Ein Unterfangen, welches die UEFA untersagte.
Ungarn hat in der Nations League ein Achtungszeichen gesetzt. Der 40. der Weltrangliste besiegte England 1:0. Am Samstag in einer Woche spielen die Ungarn gegen die DFB-Auswahl.
Das Gesetz sagt viel aus über die Politik Viktor Orban. Mit seiner diskriminierenden Politik gegenüber sexuellen Minderheiten versucht sich der ungarische Ministerpräsident als Bewahrer christlicher und traditioneller Werte darzustellen. Doch diese diskriminierende Politik hat in Ungarn auch bekannte Kritiker. Und einer dieser Kritiker steht im Tor der ungarischen Nationalmannschaft: Peter Gulácsi.
Ungarns Torhüter wirbt für Gleichberechtigung
Der bei RB Leipzig unter Vertrag stehende Torhüter nutzt seit längerer Zeit seinen Bekanntheitsgrad, um in den sozialen Netzwerken Stellung für Toleranz und gegen die LGBTQ-feindliche Politik der ungarischen Regierung zu beziehen. "Jeder Mensch hat das Recht auf Gleichberechtigung", schrieb der Bundesligaprofi beispielsweise im vergangenen Jahr auf Facebook. Damit protestierte er gegen ein im Dezember 2020 verabschiedetes Gesetz, das Homosexuellen die Adoption von Kindern verbietet.
Es war ein mutiger Schritt des Profifußballers, der in seiner Heimat für sehr viel Aufsehen gesorgt hat. Über 40.000 Menschen haben seinen Facebook-Eintrag mit "Gefällt mir" markiert. Gleichzeitig musste er sich aber auch Kritik anhören. Nicht nur von Fans, sondern auch von Politikern der in Ungarn regierenden Fidesz-Partei und der einheimischen Presse.
Doch von seinem Weg ließ sich Gulacsi nicht abbringen. Der Torhüter, der in seiner Heimat 2018 und 2019 zum Fußballer des Jahres gewählt wurde, nutzt weiter seinen Ruhm, um sich für eine vielfältige Gesellschaft einzusetzen.
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