Fußball-Nationalmannschaft: Remis von Budapest nährt Zweifel

    Nations League - DFB-Elf:Das Remis von Budapest nährt Zweifel

    von Frank Hellmann, Budapest
    12.06.2022 | 11:20
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    Das nächste 1:1 der DFB-Elf in Ungarn stuft Bundestrainer Hansi Flick zu Recht als Rückschlag ein. Gegen Italien soll nun im ein versöhnlicher Abschluss des Länderspiel-Blocks her.

    Gemeinhin gilt die von der deutschen Nationalmannschaft bezogene Fünf-Sterne-Herberge im Herzen von Budapest als idealer Ausgangspunkt, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Es wäre vermutlich aber keine gute Idee, würden sich Manuel Neuer und Kollegen plötzlich unter die Touristenströme hoch zum mächtigen Burgpalast oder der schönen St.-Stephans-Basilika mischen.
    Also hat Bundestrainer Hansi Flick seiner Mannschaft nach einem enttäuschenden 1:1 in der Nations League in Ungarn am Samstagabend lieber einen freien Abend spendiert, was in seinem Duktus heißt, "dass die Mannschaft gemeinsam essen geht und zu einer gewissen Zeit dann wieder im Hotel ist".

    DFB-Spielern fehlt geistige und körperliche Frische

    Noch bis Montagnachmittag bleibt der DFB-Tross in der schönen Donau-Metropole, um irgendwie vor dem letzten Nations-League-Duell vor der Sommerpause gegen Italien (Dienstag 20.45 Uhr/live ZDF) die Köpfe freizubekommen.
    Hinten anfällig, vorne ohne Tempo: Nach dem dritten 1:1 in der Nations League in Serie wartet noch viel Arbeit auf die deutsche Nationalmannschaft vor der WM.12.06.2022 | 2:59 min
    Das scheint bitter nötig. Derzeit fehlt den Spielern die geistige und körperliche Frische. Den stimmungsvollen Fußball-Abend in der voll besetzten Puskas-Arena prägten eigentlich allein die tapfer kämpfenden und auch spielerisch gleichwertigen Ungarn, die erst bei Schlusspfiff von Krämpfen geschüttelt umfielen, um später im berauschten Oval noch die Nationalhymne zu schmettern.
    Derweil versuchte sich eine kleine deutsche Delegation um Kapitän Neuer an ein bisschen Winke-Winke in den dritten Oberrang, wo der spärlich besetzte deutsche Fanblock einige schwarz-rot-goldene Fähnchen schwenkte. All das wirkte irgendwie genauso halbherzig wie der Auftritt der DFB-Elf zuvor.

    Bundestrainer Flick: Trügerische Erfolgsbilanz

    Aus deutscher Sicht war das vierte 1:1 nacheinander nach den Auftritten in den Niederlanden, in Italien und gegen England ein Stimmungsdämpfer. Die scheinbare Erfolgsbilanz des neuen Baumeisters Flick mit einem Dutzend ungeschlagener Spiele verblasst allmählich. Entsprechend desillusioniert gestand der 57-Jährige eine lange Mängelliste, die es mit seinem Trainerteam abzuarbeiten gilt:

    Es war klar, dass es kein einfacher Weg wird und es Rückschläge geben wird. Heute war es ein Rückschritt.

    Bundestrainer Hansi Flick

    Hinten wackelte die mit den Neu-Dortmundern Niklas Süle und Nico Schlotterbeck besetzte Abwehr wegen Abspiel- und Stellungsfehlern nicht nur beim frühen Gegentor von Zsolt Nagy (6.). Zwar hatte Jonas Hofmann nach feinem Schlotterbeck-Pass früh ausgeglichen (8.), doch das war es im Angriff auch schon.
    Eigentlich nur noch erwähnenswert, wie Torschütze Hofmann später völlig freistehend den Zeitpunkt des richtigen Abspiels verpasste (72.). Eine Symbolszene für die von Flick vermisste "Überzeugung", die sich durch den gesamten Offensivbereich zog, wo die Chelsea-Stars Timo Werner und Kai Havertz brave Mitläufer blieben.

    Gegen Italien eine "Rakete zünden"

    "Wir haben zu wenig Chancen, die richtigen Abschlüsse sind nicht zu sehen", hielt Flick fest, der als Erklärung abermals den "Entwicklungsprozess" anführte. Aber klar: "Wir haben uns wesentlich mehr vorgestellt."
    Es erscheint rätselhaft, wie dieser unfertige Kader bei der WM in Katar (21. November – 18. Dezember) das selbst gesteckte Ziel vom Weltmeistertitel erreichen will. Die Zweifel thronen über dem deutschen Team wie die Fischerbastei über der ungarischen Hauptstadt. Trotzdem kündigte Torwart Neuer mutig an, gegen Italien "eine Rakete zu zünden".

    Auf Neuer war Verlass

    Der 36-Jährige hielt seinen Vorderleuten erneut mit einer Weltklasseleistung den Rücken frei, "doch wenn ein Torwart herausragend ist", bemerkte Flick, "stimmt ein bisschen was im Spiel nicht". Der Bundestrainer will nun für den letzten Test gegen den Europameister in Mönchengladbach "gucken, dass wir die Elf aufstellen, die am fittesten ist."
    Ansonsten fand er den meisten Halt an dieser Tatsache: "Wenn man auf die Tabelle schaut, ist nichts passiert. Gegen Italien wollen wir uns mit einem Dreier aus der Saison verabschieden." Dafür aber, gestand ein einigermaßen ernüchterter Fußballlehrer vor der leuchtenden Werbewand, "müssen wir eine, vielleicht zwei oder drei Schippen drauflegen. Wir werden versuchen, das aus der Mannschaft herauszukitzeln". Die Zweifel waren im Bauch der Puskas-Arena nicht zu überhören.

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