Joachim Löw hat es in den vergangenen 15 Jahren als Bundestrainer oft geschafft, die Öffentlichkeit zu überraschen. Dies ist ihm dieses Mal nur bedingt gelungen.
Das Überraschende an der Nominierung ist, dass Jogi Löw Kevin Volland (nach fünf Jahren) und Christian Günter (nach sieben Jahren) ins DFB-Team zurückholt.
Unausgewogen in der Verteidigung
Ebenfalls ungewöhnlich, dass Löw mit der Berufung des Freiburger Kapitäns Günter gleich drei Linksverteidiger (Günter, Halstenberg, Gosens) im Kader hat und nur einen gelernten Rechtsverteidiger (Klostermann). Dies wirkt in der personellen Zusammensetzung unausgewogen, zumal mit Ridle Baku, Thilo Kehrer oder Benjamin Henrichs drei hochtalentierte Außenbahnspieler für hinten rechts zur Verfügung gestanden hätten.
Keine Experimente, sondern alles für den Erfolg: Joachim Löw holt für seine letzte Mission als Bundestrainer die Routiniers Mats Hummels und Thomas Müller zurück.
Im Aufgebot fehlen drei prominente Namen. Julian Draxler und Julian Brandt haben es nach mäßigen Leistungen nicht verdient, eingeladen zu werden. Dass beide nicht mitfahren dürfen, obwohl exakt auf ihrer Position ein Marco Reus den Weg für beide frei gemacht hat, beweist, wie unzufrieden Löw mit den ewigen Talenten war. Hier hat Löw zurecht gnadenlos durchgegriffen.
Bayern-Block mit Thomas Müller
Im letzten Turnierkader seiner Amtszeit setzt der Bundestrainer auf einen acht Mann starken Bayern-Block. Die Rückholaktion von Thomas Müller war erwartbar. Der Urbayer ist auf und neben dem Platz ein Leader, Kommandogeber und kann in entscheidenden Turnierphasen zum Unterschiedspieler werden.
- Fußball-EM live im ZDF
Am 11. Juni wird die Fußball-EM angepfiffen. Das ZDF ist live am Ball – im TV wie online. Das "sportstudio" spielt dabei eine besondere Rolle.
Auch Mats Hummels zählt zu den besten Spielern des Landes, und die Entscheidung, ihn zu nominieren, ist prinzipiell richtig. Doch sie ist diskussionswürdiger als das Comeback seines Freundes Müller. Als Typ, erfahrener Abwehrrecke, eine Bereicherung. Doch seine Tempodefizite bei Sprints, bei Richtungswechseln und bei Drehungen um die eigene Achse sind seit der WM 2018 offensichtlich.
Süles Probleme forcierten Hummels Comeback
Meines Erachtens war es eine sehr enge Entscheidung, Hummels mitzunehmen. Denn wäre Niklas Süle nicht so oft von Verletzungen zurückgeworfen worden und hätte er sich, wie von Löw erhofft, zum Abwehrchef entwickelt, dann wäre für Hummels kein Kaderplatz frei gewesen.
Der stagnierende Süle, der nach Hummels' Ausmusterung 2019 als dessen Nachfolger galt, ist plötzlich zum Problemfall geworden, weil er permanent mit vielen muskulären Problemen zu kämpfen hat und auch nicht austrainiert wirkt. So hart das klingen mag: Nur wegen Süles bedenklichen Fitnesszustandes ist Hummels für Löw erst wieder so richtig wichtig geworden.
- Mit Hummels und Müller Richtung Titel
Joachim Löw holt die 2019 von ihm ausgemusterten Routiniers Thomas Müller und Mats Hummels für die Europameisterschaft in die Fußball-Nationalmannschaft zurück.
Die Auswahl seiner Spieler zeigt, dass er weiterhin auf Toptalente (Musiala, Havertz) setzt. Doch wichtiger als die Entwicklung der Jungen ist ihm der Erfolg. Dafür benötigt er auch routinierte Kräfte. Sie sollen dem instabilen Team laut Löw "Führung" und "Erfahrung" geben. Der Bundestrainer will noch mal beweisen, was er kann. Den dafür nötigen starken Kader hat er.
Das ist der Kader für die EM 2021
Torhüter: Manuel Neuer, Kevin Trapp, Bernd Leno
Verteidiger: Niklas Süle, Matthias Ginter, Lukas Klostermann, Marcel Halstenberg, Mats Hummels, Antonio Rüdiger, Robin Gosens, Christian Günter, Robin Koch
Mittelfeld/Angriff: Emre Can, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Ilkay Gündogan, Kai Havertz, Toni Kroos, Jonas Hofmann, Jamal Musiala, Florian Neuhaus, Thomas Müller, Kevin Volland, Leroy Sané, Serge Gnabry, Timo Werner